Die Frühjahrssonne offenbart die Spuren der dunklen Jahreszeit gnadenlos. Staub-flusen in Ecken, Schokofleckchen auf dem Sofa, Spinnweben unter der Decke. Höchste Zeit für einen Frühjahrsputz! Was für Putzfanatiker ein willkommener Anlass ist, treibt anderen schon beim Gedanken daran den Schweiß auf die Stirn. Diese Putztypen gibt es: Der Pseudo-Sportler: Wenn er in seinen vier Wänden aufräumt, beruhigt er damit sein Gewissen. Schrubben und Wischen wertet er als Training, das per Fitness-App oder Kalorienrechner zu seinen Gunsten verbucht wird.
Denn Joggen mag dieser Typ nicht so gerne. Letztlich macht er sich aber etwas vor: Als Sport geht Putzen wegen der zu kurzen, zufälligen Belastung bei Fachleuten nicht durch. Ingo Froböse von der Deutschen Sporthochschule Köln glaubt höchstens bei ganz Untrainierten wie älteren Menschen an einen Effekt. Er spricht allerdings von beweglichen Gelenken und nicht von Muckis.
Der Kompensierer: Bei Frust im Job oder an der Uni reagiert er sich mit Hausarbeit ab. Die körperliche Anstrengung verbunden mit mehr Sauberkeit gibt ihm das Gefühl, wenigstens etwas geschafft zu haben - und sei es nur für ein paar Tage ein staubfreies Zuhause.
Der Oberflächliche: Er nimmt nur Schmutz ernst, den er auch ohne Lupe erkennt: Spaghetti neben dem Topf, hartnäckige Kalkränder in der Badewanne oder Dreckklumpen im Flur - das ist die für ihn relevante Größenordnung. Er dürfte überdurchschnittlich oft in Berlin anzutreffen sein, der Hauptstadt der Putzmuffel laut einer repräsentativen Forsa-Umfrage von 2015 im Auftrag der Minijob-Zentrale. Demnach putzt fast jeder vierte Berliner lediglich mehrmals monatlich - und dann auch nicht sonderlich ausgiebig.
Der Keimfreie: Ekel, fast schon Panik, bereitet ihm der Gedanke an unsichtbare Krankheitserreger, die sich auf Türklinken oder auf Schneidebrettern in der Küche breitmachen könnten. Er schwört auf Produkte zur Desinfektion, die er auf die Gefahrenzonen sprühen kann. Und er ignoriert dabei, dass Desinfektionsmittel die Umwelt belasten und nach Einschätzung von Verbraucherschützern sogar Stoffe enthalten, die Allergien auslösen können.
Der Auftraggeber: «Das stärkste Argument gegen das Selber-Putzen ist die Zeitverschwendung», sagte die Philosophin Nicole Karafylli einmal dem «Süddeutsche Zeitung Magazin». Der Auftraggeber hätte es nicht besser ausdrücken können. Regelmäßig klickt er durch Putzportale, um jemanden zu finden, der nach seinen Vorstellungen wischt und abstaubt. Die Umsätze der Gebäudereiniger-Branche wachsen. In 11 Prozent aller Haushalte in Deutschland arbeiten Haushaltshilfen. Doppelt so hoch ist der Anteil in Haushalten mit monatlichem Nettoeinkommen über 3500 Euro, so der «Putzatlas» von 2015 der Minijob-Zentrale.
Der Ausgerüstete: Viel hilft viel. In seinen Küchenschränken findet sich alles, was Drogerie und Supermarkt hergeben. Er macht jede Marktneuheit mit: Schmutzradierer, Entferner für jede Art von Flecken, Glanz- und Duftsprays, Spezialbürstchen für Ecken und Fugen. Er trägt seinen Teil zu den 945 Millionen Euro Umsatz bei, den der Industrieverband Körperpflege- und Waschmittel (IKW) 2015 allein bei Reinigungsmitteln verbuchte. Blöd nur, dass ihm vor lauter Einkaufen so wenig Zeit zum Putzen bleibt.
Der Umweltbewusste: Der Gegenpol zum Ausgerüsteten: Die 630 000 Tonnen Chemikalien, die laut Umweltbundesamt durch Waschen und Putzen in privaten Haushalten ins Abwasser gelangen, stammen bestimmt nicht aus seinem Abfluss. Besorgt wie er ist, greift der nachhaltige Typ bevorzugt zu Haushaltssoda, Essigsäure oder Zitronensaft, um sich möglichst schonend von Schmutz zu trennen. Von ihm könnte der Pseudo-Sportler lernen: Ohne Chemiekeule braucht es mehr Muskelkraft.
Der Putzteufel: Eine ziemliche Seltenheit. Laut dem aktuellen «Putzatlas» der Minijob-Zentrale sagten lediglich acht Prozent der Befragten ohne Haushaltshilfe, sie würden in ihrem Haushalt täglich putzen. (DPA)