Berlin (dpa) - Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) hat grünes Licht für die umstrittene Übernahme der Supermarkt-kette Kaiser's Tengelmann durch den Handelsriesen Edeka gegeben - allerdings unter strengen Auflagen. So muss Deutschlands größter Lebensmittelhändler Edeka den Erhalt von knapp 16 000 Jobs bei Kaiser's Tengelmann für mindestens sieben Jahre garantieren. Zuvor hatte Gabriel auf Antrag der beiden Unternehmen eine sogenannte Ministererlaubnis erteilt.
Mit dieser Sondergenehmigung hebelt er ein vorheriges Verbot des Bundeskartellamts aus. Die Wettbewerbshüter fürchteten, dass die Marktmacht weniger Handelskonzerne durch die Fusion noch größer wird - zum Schaden der Verbraucher. Edeka, Rewe, die Schwarz-Gruppe (Lidl, Kaufland) und Aldi beherrschen zusammen schon 85 Prozent des Marktes.
Gabriel betonte, aus seiner Sicht sei der Schutz von Arbeitsplätzen bei Kaiser's Tengelmann wichtiger als die Bedenken des Kartellamts: «Die Gemeinwohlgründe überwiegen die Wettbewerbsbeschränkung.» Es gehe bei den Kaiser's-Mitarbeitern um Menschen, die nicht zu den Gutverdienenden gehörten, erklärte der SPD-Chef. Ein Lagerarbeiter oder ein Metzger bei Kaiser's Tengelmann verdiene zwischen 1500 und knapp über 2000 Euro brutto im Monat.
Gabriel hatte bereits im Januar angekündigt, die Erlaubnis unter Auflagen grundsätzlich erteilen zu wollen. Er habe sich die Entscheidung dabei aber nicht leicht gemacht: «Eine Ministererlaubnis muss immer eine gut begründete Ausnahme von der Regel sein.»
Edeka muss nun rechtssichere Tarifverträge mit den Gewerkschaften eingehen, die Kaiser's-Märkte fünf Jahre in Eigenregie weiterführen und das Fleischwerk Birkenhof drei Jahre betreiben. Edeka droht eine Rückabwicklung der Fusion, falls die gestellten Bedingungen nicht erfüllt werden. Gabriel erklärte, sein Ministerium werde strikt prüfen, ob alle Bedingungen erfüllt werden: «Es gibt keine Hintertür.»
Drohende Klagen von Edeka-Wettbewerbern wie Rewe gegen die Ministererlaubnis sieht Gabriel gelassen. Er gehe davon aus, «dass wir sie gewinnen». Die Rewe-Argumente seien abgewogen worden, hätten ihn am Ende aber nicht überzeugt.
Eine Ministererlaubnis wird nur sehr selten beantragt - und noch seltener erteilt. Nach Angaben der Bundesregierung gab es bislang - inklusive Edeka - 22 Fälle: Neunmal gab es ein Ja (teils mit Auflagen), sechsmal sagte ein Minister Nein, in sieben Fällen zogen die Unternehmen ihren Antrag zurück. Als spektakulärste und umstrittenste Entscheidung gilt die unter Auflagen genehmigte Ruhrgas-Übernahme durch Eon 2002. (DPA)