Frauen verdienen deutlich schlechter als Männer

Frauen verdienen hierzulande im Schnitt brutto 21,6 Prozent weniger als Männer. Foto: Soeren Stache/Archiv
Frauen verdienen hierzulande im Schnitt brutto 21,6 Prozent weniger als Männer. Foto: Soeren Stache/Archiv

Die Lohnkluft zwischen Männern und Frauen ist in Deutschland so groß wie in kaum einem anderen Land Europas. So verdienen Frauen hierzulande im Schnitt brutto 21,6 Prozent weniger als Männer. Nur in Estland (28,3 Prozent) und Österreich (22,9 Prozent) ist der Abstand demnach noch größer. Das geht aus einer Antwort des Bundessozialministeriums auf eine Anfrage der Linken hervor, die der Deutschen Presse-Agentur am Mittwoch in Berlin vorlag und über die Zeitungen der Funke Mediengruppe zuerst berichtet hatten. Auch Politik und Arbeitgeberverbände fordern einen Umbruch.

 

Justizminister Heiko Maas (SPD) sagte den Zeitungen der Funke Mediengruppe: «Die Gleichberechtigung von Frauen und Männern steht zwar im Grundgesetz, ist aber in vielen Unternehmen noch immer nicht Wirklichkeit geworden.» Firmen sollten sich aus alten Verhaltensmustern lösen. Bundesfamilienministerin Manuela Schwesig (SPD) hatte im Dezember einen Gesetzentwurf für «mehr Lohngerechtigkeit» vorgestellt.

 

Die Linken-Fraktionsvize Sabine Zimmermann begrüßte zwar, dass immer mehr Frauen eigenes Geld verdienen. «Aber die meisten können von ihren niedrigen Löhnen nicht leben und schon gar keine ausreichenden Rentenansprüche aufbauen.» Frauen arbeiteten überwiegend in Branchen, die für niedrige Bezahlung und hohe Belastung berüchtigt seien. «Was die soziale Lage von Frauen angeht, sind wir von Gleichberechtigung der Geschlechter noch weit entfernt.»

 

Der Arbeitgeberverband BDA warnte vor neuer Bürokratie. «Wir brauchen in erster Linie mehr Ganztagskitas und Ganztagsschulen. Der Wunsch, Vollzeit zu arbeiten, darf nicht länger an kurzen Öffnungszeiten von Kindertagesstätten und Schulen scheitern», hieß es einer Mitteilung zufolge.

 

Das Sozialministerium beruft sich auf Zahlen aus dem Jahr 2014, die vom Statistischen Amt der Europäischen Union (Eurostat) stammen und sich auf alle Frauen und Männer in bezahlter Beschäftigung beziehen. Der große Lohnunterschied in Deutschland ist laut Experten unter anderem darauf zurückzuführen, dass Frauen verstärkt teilzeitbeschäftigt sind. So sind von den Teilzeitbeschäftigten mit bis zu 20 Wochenstunden über 85 Prozent Frauen. 77 Prozent aller Minijobs werden von Frauen verrichtet.

 

In den nach Deutschland größten EU-Staaten Frankreich (15,3 Prozent), Großbritannien (18,3), Spanien (18,8) und Polen (7,7) fällt die Lohnlücke dagegen deutlich geringer aus. Die niedrigsten Werte weisen Slowenien (2,9 Prozent), Malta (4,5) und Italien (6,5) auf. In Ländern mit niedrigem Frauenanteil an der erwerbstätigen Bevölkerung wie Italien liegt laut Eurostat der Lohnunterschied in der Regel unter dem Durchschnitt, weil es insgesamt weniger qualifizierte Frauen am Arbeitsmarkt gibt.

 

Auch wenn man die Bezahlung bei formal gleicher Qualifikation und Tätigkeit betrachtet, schneiden Frauen schlechter ab - allerdings bei Weitem nicht so stark. Der Abstand beträgt dann 7 Prozent.

 

Laut einer Analyse des Forschungsinstituts DIW leisten berufstätige Frauen, die mit ihrem ebenfalls erwerbstätigen Partner leben, im Schnitt mehr Hausarbeit als ihre Partner. Sie erziehen auch mehr die Kinder. So kümmerten sich Frauen mit einem Vollzeitjob in Doppelverdiensthaushalten 2014 an einem Werktag gut eineinhalb Stunden um den Haushalt und fast fünf Stunden um die Betreuung der Kinder. Vollzeiterwerbstätige Männer verbrachten im Schnitt gut eine Stunde beziehungsweise rund zweieinhalb Stunden damit. (DPA)