Genf (dpa) - Strengere Auflagen für Dieselmotoren beschäftigen die Autobauer auf dem Genfer Autosalon. «Da reden wir über viel Geld», sagte BMW-Chef Harald Krüger im Vorfeld des Genfer Autosalons (3. bis 13. März) über die Folgen verschärfter Abgasvorschriften für Dieselmotoren. In der Europäischen Union waren jüngst Rahmenbedingungen für realistischere Abgastests für Dieselfahrzeuge ab 2017 abgesteckt worden. Allein BMW, sagte Krüger, werde das einen hohen dreistelligen Millionenbetrag kosten.
Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) stellte den Autobauern zudem unangemeldete Abgastests in Aussicht. Gleichzeitig diskutiert man darüber, das europäische Aufsichtssystem umzukrempeln.
Dabei sei von einem Einbruch der Nachfrage nach Dieselmotoren in Europa nichts zu spüren, betonen die Hersteller fast unisono. In den USA, wo der Diesel-Marktanteil traditionell sehr gering ist, war der Absatz zuletzt eingebrochen.
Dabei sehen die Prognosen für die Autobauer eigentlich nicht schlecht aus. In Europa erwartet der Branchenverband ACEA im laufenden Jahr einen Absatzzuwachs bei den Verkäufen von etwa zwei Prozent auf 14 Millionen Fahrzeuge - nach einem Plus von neun Prozent im vergangenen Jahr.
Der deutsche Branchenverband VDA rechnet auch weltweit mit einem ähnlichen Zuwachs. Der VDA hatte kurz vor der Automesse in Genf seine Prognose für China angehoben. «Das wirkt sich auch positiv auf den Pkw-Weltmarkt aus, der 2016 um 2 Prozent zulegen und damit erstmals die 80-Millionen-Marke erreichen wird», sagte VDA-Präsident Matthias Wissmann.
Doch die Affäre um manipulierte Abgaswerte bei Dieselfahrzeugen von Volkswagen bringt nicht nur strengere Vorgaben. Die Deutsche Umwelthilfe prangerte Opel und Daimler beim Kraftfahrtbundesamt wegen angeblich zu hoher Abgaswerte an. Die US-Umweltbehörde EPA hat von Daimler erneut Testergebnisse angefordert, nachdem in den USA Mitte Februar eine Zivilklage gegen Daimler angestrengt wurde. «Wir halten die Vorwürfe für haltlos», sagte Daimler-Chef Dieter Zetsche in Genf.
Dabei rückt die Autoindustrie nicht vom Diesel ab. Im Gegenteil: Im Jahr 2020 werde der Dieselmotor noch von «fundamentaler Bedeutung» sein, sagte BMW-Chef Krüger. Daimler steckt aktuell 2,6 Milliarden Euro in Entwicklung und Produktionsumstellung eines neuen Dieselmotors, der zunächst in der neuen E-Klasse angeboten wird und deutlich weniger CO2 und Abgase ausstoßen soll als seine Vorgänger.
Neben dem Diesel bereitet den Herstellern auch ein möglicher Austritt Großbritanniens aus der Europäischen Union Sorgen. «Das ist in einer Vielzahl von Gesichtspunkten kritisch zu sehen», sagte Daimler-Chef Zetsche. Die Wirtschaft sei nur einer. Der Austritt würde zu allererst dem Land selbst, aber auch Europa insgesamt schaden. Das gleiche gelte für die Diskussion über Grenzkontrollen in Europa. «Wenn Grenzen nicht passierbar sind, bringt das das Gesamtsystem in Gefahr», sagte Zetsche mit Blick auf die zeitlich fein abgestimmte Lieferung und Produktion in Europa.
Krüger verwies auf das BMW-Motorenwerk und die Mini- und Rolls-Royce-Werke in England. Ob es bei einem Austritt aus der EU Zölle, Handelsabkommen und Ersatzregelungen gebe, «das ist alles Spekulation», sagte der BMW-Chef.
Positiv könnte sich hingegen eine mögliche die Förderung von Elektroautos auswirken. Die Bundesregierung hatte am Montag zwar Spekulationen über eine bereits verabredete Kaufprämie für Elektroautos noch einmal ausdrücklich widersprochen. Krüger zeigt sich optimistisch, dass der Staat den Verkauf von Elektroautos bald subventioniert. Für April sei ein Termin mit der Bundeskanzlerin vereinbart. Es seien «finanzielle Anreize wichtig» - ein hoher Steuernachlass oder eine direkte Kaufprämie würden die Nachfrage erhöhen, sagte Krüger und fügte hinzu: «Wir sind in guten Gesprächen mit der Bundesregierung. Wir sind positiv gestimmt.»
Auch VW-Chef Matthias Müller fordert politische Unterstützung - vor allem beim Aufbau einer flächendeckenden Ladeinfrastruktur. Daimler kündigte parallel hohe Investitionen in eine neue Fertigung für E-Auto-Batterien an. (DPA)