Bei der landesweit ersten Debatte der sechs Spitzenkandidaten für die Wahl am 13. März hat die rechtskonservative Alternative für Deutschland (AfD) scharfe Angriffe hinnehmen müssen. Die lebhafte Diskussion zweieinhalb Wochen vor der Abstimmung für den neuen Landtag drehte sich fast ausschließlich um die Flüchtlingskrise in Deutschland - ohne konkrete Lösungsvorschläge. Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) warf der umstrittenen AfD eine «Sprache der Extremisten» vor. «Das ist Demagogie ganz übler Sorte», sagte der Regierungschef am Mittwoch in der Liederhalle in Stuttgart.
AfD-Spitzenkandidat Jörg Meuthen wies die Vorwürfe zurück. «Was wir uns wünschen, wäre Fairness im Umgang», sagte er. Aus dem Publikum gab es starken Beifall für beide Seiten. Der erstmalige Einzug der AfD in den Südwest-Landtag gilt als höchstwahrscheinlich. Ein größeres Polizeiaufgebot schützte die konfrontative Diskussion mit dem Titel «Eine Landtagswahl in politisch turbulenten Zeiten».
Die von den «Stuttgarter Nachrichten» organisierte Debatte war das landesweit erste Podiumsgespräch aller sechs Spitzenkandidaten von CDU, Grünen, FDP, SPD, der Linken und der AfD. CDU-Spitzenkandidat Guido Wolf warf der AfD «rechtsextreme Positionen» vor. Niemand werde mit dieser Partei zusammenarbeiten. «Die haben nichts als Angstmache auf der Pfanne», sagte Wolf. Als rechtsradikal und menschenverachtend bezeichnete SPD-Spitzenkandidat Nils Schmid die AfD. «Anständige Leute wählen keine Rassisten», sagte Schmid, der auch Wirtschafts- und Finanzminister ist. Er warb für eine Politik des «sozialen Zusammenhalts».
Nach den jüngsten Umfragen zeichnet sich eine schwierige Regierungsbildung ab, weil weder die grün-rote Koalition noch die Opposition aus CDU und FDP eine Mehrheit haben. Auch die Linke mit dem Kandidaten und Bundesvorsitzenden Bernd Riexinger hofft auf einen Sprung über die Fünf-Prozent-Hürde. In der Flüchtlingsdebatte warf Riexinger Kanzlerin Angela Merkel vor, kein Rezept für die Lösung der Krise zu haben.
Dagegen bekräftigte Kretschmann seine Unterstützung für die CDU-Politikerin. Er habe sie zuletzt auch in sein Gebet geschlossen, sagte der Katholik. «Wer soll denn Europa zusammenhalten, wenn nicht die Kanzlerin», sagte er unter tosendem Applaus. «In Krisen gehe ich auf Konsens», betonte Kretschmann vor einigen Hundert Zuschauern. In einem Schlagabtausch warf CDU-Kandidat Wolf dem Grünen-Politiker vor, als «Kanzlerin-Versteher» punkten zu wollen, in Wahrheit aber zu wenig für die Begrenzung der Flüchtlingszahlen und für die Rückführung abgelehnter Asylbewerber zu tun.
Die Diskussion drehte sich auch um die Wohnungsnot und den Ausbau der Infrastruktur im Südwesten - nicht nur beim Straßenbau. FDP-Spitzenkandidat Hans-Ulrich Rülke kündigte an, dass er sich im Fall einer Regierungsbeteiligung vor allem für einen Breitbandausbau und eine bessere Anbindung ans Internet im Land einsetzen werde. (DPA/LSW)