Wie sieht die Stadt der Zukunft aus? Wie können wir möglichst angenehm, effizient und umweltbewusst in urbanen Räumen leben? Weltweit machen sich Experten Gedanken über die sogenannten Smart Cities. Dass Handlungsbedarf besteht, zeigen die Zahlen: Laut einem UN-Bericht werden 2050 etwa zwei Drittel der Menschen in Städten leben, 2014 waren es etwas mehr als 50 Prozent. Aber was sind überhaupt Smart Cities? «Die eine Definition gibt es nicht», sagt Matthias Flügge, der sich bei Fraunhofer Fokus, einem Institut für offene Kommunikationssysteme, in Berlin intensiv mit dem Thema auseinandersetzt.
«Prinzipiell geht es darum, die Lebensqualität zu steigern und Städte intelligenter zu machen, indem wichtige Teilbereiche, wie etwa Umwelt, Energie und Verkehr klug vernetzt werden.» Dabei spielten öffentliche Daten eine wichtige Rolle.
Beispiel Mobilität: Bisher wurden einzelne Elemente, vom Auto über den Bus bis zum Fahrrad, getrennt betrachtet. Heute können Daten kombiniert und etwa mit Messungen zur Schadstoffbelastung ergänzt werden. Werden diese Angaben intelligent ausgewertet, gehe es längst nicht mehr nur um die Frage, wie man am schnellsten von A nach B komme, sagt Flügge. «Ich kann eine besonders sichere Route fahren, oder eine besonders umweltbewusste - oder Zonen meiden, in denen die Schadstoffbelastung besonders hoch ist.»
«Wir stehen vor einer großen Herausforderung. Unsere Städte wachsen schneller, als unsere Ressourcen», sagt Vijay Sammeta, IT-Leiter der Stadt San José, im kalifornischen Silicon Valley. Effiziente Datennutzung sei der Schlüssel zum Erfolg.
Ein Beispiel einer Smart City ist Barcelona, wo derzeit der Mobile World Congress stattfindet. Am Rande der weltgrößten Mobilfunk-Messe geht es auch um intelligente Daten-Vernetzung und nachhaltige Städtekonzepte. So sind Parks von Barcelona mit intelligenten Bewässerungssystemen ausgerüstet. Sensoren messen die Feuchtigkeit im Boden. Die Gärtner analysieren die Informationen auch zusammen mit Wetterdaten, um nicht unnötig Wasser zu verbrauchen.
«Das ist aber noch lange nicht alles», sagt Francisco Rodriguez Jiménez, Smart-City-Experte aus Barcelona. Auf der Straße geben Sensoren Auskunft über die Auslastung von Parkplätzen. Und die Müllabfuhr bekommt mit Hilfe von Datenlesern einen Überblick, welche Tonnen geleert werden müssen.
Darüber hinaus hat Barcelona, zumindest nach Aussage von Jiménez, die beste öffentliche WLAN-Ausstattung in ganz Spanien. 700 Hotspots stünden bereit, um die Einwohner und Millionen Touristen mit Internet zu versorgen.
Noch weiter soll es in New York gehen. Dort werden nach und nach Telefonzellen durch Säulen ersetzt, die mit Hotspots und Ladestationen für Smartphones ausgestattet sind. Der Funkchip-Spezialist Qualcomm will insgesamt 7500 dieser Stationen im Big Apple aufbauen, finanziert werden sie durch Werbeflächen.
Flügge glaubt, dass sich Städte auf ihrem Weg zu einer Smart City für Innovationen öffnen sollten. «Sie müssen sich davon verabschieden, jedes Problem selber lösen zu wollen und stattdessen eine Plattform bieten, auf der Dritte neue Dinge ausprobieren und intelligente Anwendungen entwickeln können.» Die Behörden säßen auf Bergen öffentlicher Informationen wie Statistiken, Haushaltsdaten oder Echtzeitdaten von Messstationen. Mittlerweile haben aber schon mehrere deutsche Städte ein sogenanntes Open-Data-Portal, wo sie Daten zugänglich machen. Ein besonders gutes Beispiel sei Hamburg, sagt Flügge. «Dort wird das sehr aktiv gelebt.»
Es geht aber noch radikaler. Während sich manche Städte den neuen Anforderungen anpassen, werden andere gleich ganz am Reißbrett entworfen. So kündigte Indien an, 100 Smart Cities bauen zu wollen. In Abu Dhabi entsteht die «Ökostadt» Masdar, in der rund 50 000 Menschen komplett von erneuerbaren Energien versorgt werden sollen. Autos soll es nicht geben, dafür ein optimiertes Nahverkehrssystem. Und in Südkorea wächst die Planstadt Songdo - mit multifunktionellen Chipkarten für Bewohner, allgegenwärtigen Kameras und Komplettvernetzung.
Datenschützer sind alarmiert, andere Kritiker warnen vor den Gefahren eines großen Blackouts und Cyberangriffen. So könnten Systeme, über die die gesamte Stromversorgung oder der komplette Nahverkehr laufen, von Hackern manipuliert werden. (DPA)