Mit dem Motorrad in den zweiten Frühling

Motorradfahren wird bei Männern wieder beliebter. Foto: Bernd von Jutrczenka
Motorradfahren wird bei Männern wieder beliebter. Foto: Bernd von Jutrczenka

Die Motorradbranche in Deutschland boomt. Immer mehr Männer erfüllen sich einen langgehegten Traum und kaufen sich eine schöne Maschine. Auch bei den Jungen ist das Bike wieder angesagt. Im letzten Jahr schoss die Nachfrage nach leichten Motorrädern, die schon Anfänger fahren dürfen, um ein Viertel nach oben. Mit dem nahenden Frühling beginnen für die Hersteller und Händler jetzt die entscheidenden Wochen. Nach den Branchenmessen in Dresden, Leipzig und Berlin eröffnet am Freitag die Imot - die internationale Motorradausstellung - in München mit mehr als 300 Ausstellern.

60 000 Besucher werden erwartet. Anfang März folgt die Motorräder-Messe in Dortmund.

 

Bei Motorrädern und Rollern gehen die Zulassungszahlen konstant nach oben. In Deutschland wurden im vergangenen Jahr 150 000 Maschinen verkauft - 7 Prozent mehr als im schon starken Jahr 2014, wie der Industrieverband Motorrad (IVM) mitteilte. «Den Aufwind in der Branche haben wir bei der Messevorbereitung deutlich gespürt», sagt Imot-Geschäftsführerin Lixi Laufer.

 

Viele gut betuchte Babyboomer gönnen sich nach der Karriere und dem Auszug der Kinder ab 50 dieses Hobby. Davon profitieren auch die Fahrschulen. In der Stadt «ist die Hauptklientel über 35 und finanziell gesichert», sagt Rainer Zeltwanger, Vorsitzender des Bundesverbands deutscher Fahrschulunternehmen. Zwischen 2000 und 3000 Euro kostet der Motorrad-Führerschein.

 

Die Älteren kaufen meist gut ausgestattete Tourenmaschinen, auf denen sie bequem und relativ aufrecht sitzen, wie IVM-Sprecher Achim Marten berichtet. Dafür zahlen sie teils auch den Preis eines Kleinwagens. Die meisten hätten präzise Vorstellungen, auch vom «Image, das sie damit transportieren wollen». Das meistverkaufte Motorrad ist die schwere Touren-BMW R 1200 GS. Die Konkurrenz greift mit Neuheiten an: Ducati bringt die Multistrada 1200 Enduro mit Assistenzsystemen, 30-Liter-Tank und Drahtspeichenrädern. Triumph zeigt die Tiger Explorer, Honda die neue Version der Fernreise-Legende Africa Twin. «Die immer aktuelle Frage, wer dem Platzhirsch BMW R 1200 GS das Wasser reichen kann, geht damit in eine neue Runde», sagt Laufer.

 

BMW hat im vergangenen Jahr weltweit 137 000 Motorräder verkauft - 11 Prozent mehr als im Vorjahr. Nun bringt das Unternehmen ein kleineres Einsteiger-Modell auf den Markt: die G 310R mit 34 PS und einer Höchstgeschwindigkeit von 145 Kilometern pro Stunde.

 

Stark gewachsen ist die Nachfrage nach leichten Maschinen mit 125 Kubikzentimetern Hubraum, die bereits 16-Jährige fahren dürfen. In diesem Segment beherrschen Yamaha, Honda und KTM den Markt.

Im Trend liegen auch individuell gestaltete Motorrad-Umbauten, sogenannte Custom-Bikes. Vorreiter sei eine bunte Lifestyle-Szene mit Manufakturen wie Urban Motors in Berlin, die Motorräder umbauen.

 

«Davon profitiert auch die Industrie, sie nimmt die Anstöße auf», sagt Marten. Der Kunde kann sich sein Traum-Bike im Baukastensystem selbst zusammenstellen. Auf der Weltleitmesse Intermot im Oktober in Köln werden Custom-Bikes zum ersten Mal eine ganze Halle bekommen.

 

In Sachen Sicherheit fahren die Motorräder aber meist dem Auto hinterher. Erst 2017 müssen alle neu zugelassenen Bikes über ABS verfügen. Es verhindert bei einer Vollbremsung das Blockieren der Räder, der Fahrer kann auch in Schräglage lenken.

 

Die Traktionskontrolle, die das Durchdrehen und Ausbrechen des Hinterrads bei Nässe verhindert, ist nur gegen Aufpreis erhältlich. «Versierte Fahrer haben das mit dem Gasgriff im Gefühl - weniger erfahrenen hilft die Elektronik», erklärt Marten. Spiegel mit Totwinkel-Assistent oder adaptives Bremslicht, das bei Vollbremsung heller leuchtet, biete BMW - einen Notbrems-Assistenten keiner.

 

Mit den Zulassungszahlen sind auch die Zahlen der tödlich verunglückten Motorradfahrer gestiegen - im vergangenen Jahr um 7 Prozent auf 620. Häufigste Ursachen: überhöhtes Tempo und Fahrfehler.

 

Bei Fahrern, die den Motorradführerschein schon vor Jahrzehnten gemacht haben, «stellen wir Defizite fest», sagt Dieter Quentin, Vize-Vorsitzender der Bundesvereinigung der Fahrlehrerverbände. «Da wären Auffrischungsstunden nötig.» Aber das machten nur wenige.

 

Auf der anderen Seite hätten Ältere schon «erfahren, dass etwas schief gehen kann, und fahren etwas überlegter», sagt Zeltwanger. Gefährlich sei, dass schon ein 20-Jähriger ein Motorrad mit der Beschleunigung eines Formel-1-Rennwagens fahren dürfe: «Der Fahrer hat ein Geschoss unter dem Hintern, man kann es nicht beherrschen.» (DPA)