Die jüngsten Vorschläge der CDU zur Integration von Flüchtlingen sorgen in den Reihen des Koalitionspartners SPD für scharfen Widerspruch. «Nicht in Sprachkurse zu investieren, aber Strafen für Menschen ohne Sprachkenntnisse zu fordern, ist Politik ohne Verstand», sagte der Sprecher der Parlamentarischen Linken in der SPD, Matthias Miersch, der Deutschen Presse-Agentur. Auch SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann und andere führende Sozialdemokraten sprachen sich gegen die CDU-Pläne aus. Der Bundesvorstand der CDU will heute in Berlin ein Konzept für die Integration von Flüchtlingen beschließen.
Ein Entwurf sieht unter anderem Ausnahmen beim Mindestlohn vor. Zudem fordert die CDU eine verlängerte Schulpflicht für Flüchtlinge sowie höhere Hürden für ein unbefristetes Aufenthaltsrecht.
Der Entwurf für das CDU-Konzept listet auch Strafen für Asylbewerber auf, die nicht zur Eingliederung bereit sind. Wer sich der Integration «dauerhaft verschließt, müsse mit spürbaren Konsequenzen, zum Beispiel für seinen Aufenthaltsstatus oder mit Leistungskürzungen, rechnen», heißt es.
Die Koalitionspartner von Union und SPD hatten sich gerade erst mühsam auf das neue Asylpaket und den Familiennachzug geeinigt. Aus Sicht der SPD-Linken dokumentieren die neuen CDU-Forderungen die Zerrissenheit der Union. «Die Kanzlerin zeigt sich an der Grenze human, aber jeder sinnvolle Schritt zur Integration wird verweigert», sagte Miersch. Deutschland brauche ein wirkungsvolles und durchdachtes Integrationspaket. «Und keinen Populismus.» Die SPD-Linke ist der größte Flügel in der SPD-Bundestagsfraktion.
Die stellvertretende CDU-Bundesvorsitzende Julia Klöckner verteidigte den Vorstoß ihrer Partei. «Wir dürfen die Integration so vieler Menschen nicht dem Zufall überlassen, sondern müssen sie begleiten und mangelnde Bereitschaft notfalls auch ahnden», schreibt die rheinland-pfälzische CDU-Landesvorsitzende in einem Gastbeitrag für die in Düsseldorf erscheinende «Rheinische Post». Zu den Pflichten für Neuankömmlinge zähle die «simple Tatsache, dass Regeln eingehalten und Verstöße bestraft werden, dass das Gewaltmonopol beim Staat liegt und unsere Gerichtsbarkeit weltlich und religiös unabhängig ist».
Sachsens Ministerpräsident Stanislaw Tillich (CDU) argumentierte, der Staat müsse Anreize zur Beschäftigung von Flüchtlingen schaffen. «Nicht der Handwerker oder der Unternehmer sollte das Risiko tragen, wenn er jemanden einstellt, der aufgrund der eingeschränkten Qualifikation beziehungsweise seiner Sprachkenntnisse nicht in der Lage ist, 100 Prozent der Leistung zu erbringen», sagte Tillich der «Leipziger Volkszeitung».
Unterstützung erhält die CDU aus der Wirtschaft. Die Arbeitgeberverbände verknüpfen den Vorstoß für eine Aussetzung des Mindestlohn-Anspruchs von Flüchtlingen mit weiterreichenden Forderungen. «Allen Menschen, die es am Arbeitsmarkt besonders schwer haben, muss der Weg in Beschäftigung erleichtert werden», sagte ein Sprecher der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA), dem «Tagesspiegel».
Die Ausnahmeregelung müsse für Flüchtlinge wie auch Langzeitarbeitslose gelten. «Ihnen sollte zwölf Monate lang eine von den strikten Bedingungen des Mindestlohngesetzes befreite Beschäftigung ermöglicht werden», verlangen die Arbeitgeber.
Die CDU will erreichen, dass Asylberechtigte und anerkannte Flüchtlinge in den ersten sechs Monaten der Beschäftigung keinen Anspruch auf Mindestlohn haben. Diese Regelung gilt bereits für Langzeitarbeitslose. (DPA)