Warmer Winter, heißes Frühjahr, verregneter Sommer und milder Herbst - das Wetter scheint sich immer mehr zu verändern. Häufige Folge: Überschwemmungen, heftige Gewitter, Starkregen. Doch die Zerstörungskraft des Wassers hat sich im Bewusstsein vieler Versicherter noch nicht festgesetzt. In einer Umfrage, die der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) in Auftrag gegeben hat, schätzten 90 Prozent der Befragten die Bedrohung durch Naturgefahren als gering ein.
«Das Risiko von Überschwemmungen wird bei weitem unterschätzt, gerade abseits der Flüsse», sagt Rainer Fürhaupter von der Deutschen Aktuarvereinigung (DAV) mit Sitz in Köln. Gemeinhin gilt Feuer als die größte Bedrohung für das eigene Heim. Nach Berechnungen der Versicherungsmathematiker irrt jedoch hier das Bauchgefühl: Selbst wenn ein Gebäude zwei Kilometer vom Fluss weg liegt, übersteigt das Überschwemmungsrisiko das Risiko eines Feuerausbruchs um das Doppelte, erläutert Fürhaupter.
Nach GDV-Zahlen sind zwischen 90 und 95 Prozent aller Häuser mit einer Wohngebäudeversicherung - etwa gegen Feuer, Sturm und Hagel - versichert. Hingegen sind nur 38 Prozent der Gebäude gegen Elementarschäden wie Hochwasser oder Starkregen mit einer Versicherung abgedeckt. Für Hausbesitzer und Mieter kann das unangenehme Folgen haben. Denn sie müssen nicht nur mit vollgelaufenen Kellern fertig werden. Haben sie keinen Elementarschutz, kommt ihre Versicherung nicht für den Schaden auf.
Wasser ist ein unterschätztes Risiko: Zwar sind laut GDV nur 1,5 Prozent der bebauten Fläche in Deutschland durch Hochwasser extrem gefährdet. «Das heißt im Umkehrschluss: Rund 98 Prozent der Leute sehen keinen Fluss vor der Tür und damit auch keine Gefahr», erläutert Rolf Mertens von der Ergo Versicherungsgruppe.
Bei Elementarschadenversicherung zahlen die Versicherer für Folgen, die durch Naturereignisse wie Starkregen, Lawinen, Hochwasser, Erdbeben oder Vulkanausbrüche entstehen. Versicherte können Schutzbausteine zu ihrer Hausrat- oder Gebäude-Versicherung hinzubuchen, um entweder ihr Hab und Gut im Haus oder das Gebäude selbst finanziell abzusichern, erklärt Elke Weidenbach von der Verbraucherzentrale NRW.
«Eine Elementarschadenversicherung ist sinnvoll, da man gerade größere Schäden am Haus nicht aus der Portokasse bezahlen kann», sagt die Verbraucherschützerin. Eine Wohnung im dritten Stock sei aber weniger vor einer Überflutung gefährdet als eine im Kellergeschoss, erklärt Weidenbach.
Eine weitere unterschätzte Gefahr schlummert zwischen den eigenen vier Wänden. Leitungswasser-Schäden treten nach Berechnungen des GDV sechs Mal häufiger als Feuerschäden auf. Jedes Jahr werden der GDV mehr als eine Million solcher Fälle gemeldet. Jährlich kommt ein Schaden von insgesamt zwei Milliarden Euro zustande.
Eine «gigantische Summe» nennt dies der Geschäftsführer des Instituts für Schadenverhütung und Schadenforschung (IFS), Hans-Hermann Drews. Im Auftrag öffentlicher Versicherer und öffentlicher Behörden ermitteln seine Mitarbeiter deutschlandweit die Ursachen von Bränden oder Wasserschäden. Ein Ergebnis: Ob Überflutung oder Rohrbruch: In meisten Fällen sind die Betroffenen gegen die Elementargewalt Wasser machtlos. Nach Zahlen des IFS hält ein Wasserleitungssystem in einem privaten Haushalt zwischen 30 und 50 Jahre. Statistisch gesehen tritt jedoch alle 15,6 Jahre ein Schaden auf.
Was viele Eigentümer nicht wissen: Die Elementarschadenversicherung deckt auch Schäden durch Rückstau, Erdsenkung, Erdrutsch oder Schneedruck. «Wer sich dies vor Augen führt, sollte eigentlich sofort erkennen, dass eine oder mehrere dieser Gefahren auch ihn treffen können», sagt Arno Schubach, stellvertretender Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft Versicherungsrecht im DAV.
Der Fachanwalt für Versicherungsrecht warnt deshalb davor, wegen einer vermeintlich geringen Schadenwahrscheinlichkeit auf die Versicherung zu verzichten. Selbst in gefährdeten Gebieten können Elementarschäden inzwischen versichert werden. Und das kann sich schnell auszahlen: «Tritt der Schaden ein, erreicht er rasch existenzbedrohende Höhen, stellt das Eigenheim doch häufig das Hauptvermögen einer Familie dar», sagt Schubach. «Ein solches Vermögen nicht ausreichend zu versichern, ist leichtsinnig.» (DPA/TMN)