An der in München verabredeten Waffenruhe in Syrien gibt es große Zweifel. Die syrische Opposition und Rebellen zeigten sich skeptisch, dass das Regime des Präsidenten Baschar al-Assad die Waffen nach fünf Jahren Bürgerkrieg mit Hunderttausenden Toten schweigen lässt. Man wolle «Taten statt nur Worte», sagte ein Sprecher des in Saudi-Arabien ansässigen Hohen Verhandlungskomitees (HNC) am Freitag. Zwar begrüßte er die Einigung, aber: «Versprechen haben wir satt.» Die Regierung in Damaskus reagierte zunächst noch nicht. Der russische Außenminister Sergej Lawrow sagte:
«Das Wichtigste ist, dass Regierung und Opposition der Waffenruhe zustimmen.»
Russland, die USA und wichtige Regionalmächte wie Iran, die Türkei und Saudi-Arabien hatten sich nach stundenlangen Gesprächen in München auf das Ziel einer Feuerpause in Syrien geeinigt. Die Islamistenmilizen Islamischer Staat und Al-Nusra-Front sollen jedoch weiter bekämpft werden können. Al-Nusra ist gerade Ziel russischer Bombenangriffe im Raum Aleppo.
Die Aufständischen glauben nicht an den Plan der sogenannten Syrien-Unterstützergruppe, eine Waffenruhe binnen einer Woche zu erreichen. «Das Regime und seine russischen Verbündeten sind entschlossen, den gesamten Norden Aleppos zu zerstören, ehe sie eine Feuerpause am Boden umsetzen», sagte Abu Terki, ein Kommandeur der Aufständischen in der Region. Zuletzt war die syrische Armee nördlich von Aleppo flankiert von russischen Luftangriffen vorgerückt. Über 500 Menschen sollen getötet worden sein, Zehntausende sind geflohen.
Die Bundesregierung appellierte an Russland, die Zeit bis zu einer Waffenruhe nicht für Angriffe auf gemäßigte Gegner des Assad-Regimes zu nutzen. Vize-Regierungssprecherin Christiane Wirtz begrüßte am Freitag die Vereinbarungen der Konferenz in München. «Den Worten müssen nun aber auch Taten folgen. Hier sieht die Bundesregierung in erster Linie Russland in der Pflicht», sagte Wirtz.
Lawrow erklärte, Russland werde auch nach Inkrafttreten der Waffenruhe seine Luftangriffe auf Al-Nusra und den Islamischen Staat fortsetzen. Der Westen wirft Moskau vor, bei den Luftangriffen auch gemäßigte Gegner der Assad-Regierung zu töten. Die USA bomben auch in Syrien, vor allem um den IS zu schwächen, der auch im Nachbarland Irak große Gebiete besetzt hält.
Russland und die USA wollten schon an diesem Freitag eine Arbeitsgruppe für die Umsetzung der Waffenruhe in Syrien bilden. Diplomaten und Militärvertreter beider Seiten würden sich erstmals in Genf treffen und dann regelmäßig tagen, sagte Lawrow. Er forderte die rasche Wiederaufnahme der Syrien-Friedensgespräche in Genf.
Frankreichs Präsident François Hollande verlangte ein Ende der russischen Unterstützung Assads. «Wir müssen dafür sorgen, dass Baschar al-Assad die Macht abgibt», sagte Hollande im französischen Fernsehen.
Im dem seit fast fünf Jahren tobenden Bürgerkrieg gab es bislang nur Feuerpausen in einigen Dörfern, aber keine Waffenruhe im ganzen Land. Mehr als 250 000 Menschen wurden in dem Konflikt schon getötet, Millionen in die Flucht getrieben. Viele Gebiete sind von jeder Versorgung abgeschnitten. Die Münchner Konferenz einigte sich darauf, jetzt schnell humanitäre Hilfe in belagerten Orten zu leisten.
Die Bemühungen um ein Ende des Bürgerkriegs in Syrien stehen auch im Zentrum der Münchner Sicherheitskonferenz. Bis Sonntag beraten mehr als 30 Staats- und Regierungschefs sowie etwa 60 Außen- und Verteidigungsminister über diesen und andere Krisenherde. Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen eröffnet die Tagung. Zum Syrienkrieg werden am Freitag unter anderem die Außenminister des Irans, Saudi-Arabiens und der Türkei sprechen.
Der Vorsitzende der Sicherheitskonferenz, Wolfgang Ischinger, forderte Deutschland zu größerem Militärengagement gegen den IS auf. «Es wäre noch besser, wenn wir da ein bisschen selbstbewusster auftreten würden», sagte er der dpa. Es sei wünschenswert, wenn Deutschland bei den Bombardements in Syrien und im Irak mitmachen würde. Seit Anfang 2016 beteiligt sich die Bundeswehr mit Aufklärungsflügen über Syrien und dem Irak am Kampf gegen die Terrormiliz. (DPA)