Gabriel setzt bei Flüchtlingskindern auf Einzelfalllösungen

Setzt im Streit über den Familiennachzug minderjähriger Flüchtlinge auf Einzelfalllösungen: SPD-Chef Gabriel: Foto: Daniel Bockwoldt
Setzt im Streit über den Familiennachzug minderjähriger Flüchtlinge auf Einzelfalllösungen: SPD-Chef Gabriel: Foto: Daniel Bockwoldt

SPD-Chef Sigmar Gabriel setzt im Streit über den Familiennachzug minderjähriger Flüchtlinge auf Einzelfalllösungen. «Ich hoffe, dass wir die Kollegen aus der CDU überzeugen können, dass man am Ende nach menschlichem Ermessen entscheiden muss, nach Nächstenliebe und Verantwortungs-bewusstsein», sagte der Vizekanzler gestern Abend in Hamburg. Einen ungeregelten Familiennachzug lehnte Gabriel jedoch ab: «Die afghanischen Behörden sagen, wenn ihr offensiv den Familiennachzug für unbegleitete Minderjährige anbietet, dann werden viele Eltern ihre Kinder auf eine ganz gefährliche Reise schicken.»

 

Bei dem Koalitionsstreit geht es darum, ob auch für unbegleitete Kinder und Jugendliche wie für andere Flüchtlinge mit eingeschränktem («subsidiärem») Schutz der Familiennachzug für zwei Jahre ausgesetzt sein soll. Das Bundeskabinett hatte vergangenen Mittwoch einen Gesetzentwurf gebilligt, der entsprechende Einschränkungen vorsieht. Kurz darauf hatte Gabriel moniert, mit ihm sei eine solche Regelung nicht verabredet gewesen.

 

Das SPD-geführte Bundesfamilienministerium räumte inzwischen eine Fehleinschätzung bei diesem Verfahren ein. Eine Veränderung im Gesetzentwurf sei dem Ministerium zwar aufgefallen, die Tragweite sei aber anders eingeschätzt worden, sagte eine Sprecherin. Innenminister Thomas de Maizière (CDU) und Justizminister Heiko Maas (SPD) sollen den Konflikt nun beilegen. Die Union lehnt Zugeständnisse an die SPD bisher ab.

 

Gabriel wies darauf hin, dass die Zahl der betroffenen Kinder und Jugendlichen ohnehin sehr gering sei. Generell müsse es in Deutschland immer möglich sein, «dass wir die Fälle prüfen und human und menschlich und mit Nächstenliebe entscheiden». Es sei schließlich etwas anderes, ob ein Neunjähriger aus Afghanistan nach Deutschland komme - «natürlich musst Du zusehen, dass Du seine Eltern herkriegst» - oder ob ein knapp 18-Jähriger einreise, der möglicherweise von seinen Eltern geschickt worden sei.

 

Im Jahr 2014 erhielten laut Innenministerium 214 unbegleitete minderjährige Flüchtlinge eingeschränkten (subsidiären) Schutz. 2015 waren es bisher 105 Fälle, allerdings dürfte die Zahl noch wachsen. Nach Informationen der «Welt» wurde im vergangenen Jahr nach bisher vorliegenden Zahlen nur 442 Eltern eine Aufenthaltserlaubnis in Deutschland erteilt, weil sie zu ihrem vorher eingereisten Kind nachzogen. Das habe eine Auswertung des Ausländerzentralregisters im Auftrag des Bundesfamilienministeriums ergeben. (DPA)