Beratung ohne Protokoll: Das wird für Verbraucher anders

Finanzberater müssen nach der Beratung ein Protokoll erstellen. Das soll Kunden vor Falschberatung schützen. In der Praxis klappt das aber oft nicht. Foto: Monique Wüstenhagen
Finanzberater müssen nach der Beratung ein Protokoll erstellen. Das soll Kunden vor Falschberatung schützen. In der Praxis klappt das aber oft nicht. Foto: Monique Wüstenhagen

Kündigt ein Verbraucher seine gut verzinste Rentenversicherung, um sein Geld in ein hochriskantes Investment zu stecken, klingt das nach einer finanziellen Fehlentscheidung. Rät ein Finanzberater seinen Kunden zu einem solchen Schritt, sprechen Experten von Falschberatung. «Verliert der Kunde dann einen Teil des angelegten Geldes, kann er Schadenersatz fordern». Das sagt Markus Feck von der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen. Das Problem: Die Beweispflicht liegt beim Kunden.

 

 

Hier sollen Beratungsprotokolle helfen. Seit 2010 müssen Geldinstitute jedes Beratungsgespräch zu Wertpapieren dokumentieren. Seit 2013 gilt diese Pflicht auch für Finanzanlagenvermittler. Anhand der Protokolle sollen geschädigte Anleger vor Gericht nachweisen können, wie die Beratung gelaufen ist und was im Zweifel falsch lief. Soweit die Theorie. In der Praxis allerdings hat das - zumindest aus Sicht von Verbraucherschützern - allzu oft nicht richtig geklappt.

 

«Die Protokolle enthalten viele Phrasen», sagt Feck. Sie seien häufig unkonkret formuliert. «Außerdem gibt es kaum Felder, die der Berater frei ausfüllen kann. Meist kreuzt er vorgefertigte Aussagen an.» In der Regel könnten die Protokolle also keine individuelle, bedarfsgerechte Beratung abbilden.

 

Das sieht Herbert Jütten vom Bundesverband deutscher Banken etwas anders: «Nach unseren Erfahrungen hat sich das Beratungsprotokoll bewährt und wird von den Kunden angenommen.» Außerdem würden die Beratungsprotokolle regelmäßig von der Bundesfinanzaufsicht (BaFin) kontrolliert.

 

Allerdings werden die Beratungsprotokolle in ihrer jetzigen Form in den kommenden Jahren voraussichtlich abgeschafft. Das sehen zumindest Pläne der Bundesregierung vor, die sich auf die europäische Finanzmarktrichtlinie MiFID II beziehen. «Genau genommen werden die Beratungsprotokolle aber nicht ersatzlos gestrichen», sagt Dorothea Mohn vom Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv). Stattdessen werden sie durch eine sogenannte Geeignetheitserklärung ersetzt. Bis 2018 müssen die Regeln umgesetzt werden.

 

«Wie eine künftige Geeignetheitserklärung im Detail auszusehen hat, muss aber noch im Gesetzesverfahren auf europäischer Ebene geklärt werden», sagt Herbert Jütten. Aus seiner Sicht wird es für den Anleger voraussichtlich nur kleinere Änderungen geben. Dorothea Mohn sieht Chancen für Verbesserungen: «Die Qualität der Protokolle könnte sich verbessern, denn die europäischen Vorgaben sind strenger.»

 

Solange die neuen Regeln nicht gelten, bleibt das Beratungsprotokoll in der bekannten Form bestehen, erklärt Jütten. Und auch danach gelten bereits erstellte Beratungsprotokolle immer noch, ergänzt Mohn. «Wer also das Gefühl hat, er wurde falsch beraten, kann sich weiterhin auf das Beratungsprotokoll berufen.»

 

Kunden sollten sich aber nicht nur auf das Protokoll allein verlassen, rät Feck. Besser ist es zum Beratungsgespräch eine weitere Person mitzunehmen. «Sie sollte kritisch zuhören und darauf achten, ob der Berater ihre Risikoneigung und ihre Bedürfnisse berücksichtigt», sagt der Jurist. Bei möglichen Streitigkeiten kann der Beobachter später auch als Zeuge dienen. Dafür muss er aber unbeteiligt bleiben - also den Anlagevertrag nicht unterschreiben - sonst kann er vor Gericht als Zeuge nicht mehr aussagen.

 

Ob sich eine Klage lohnt, muss sorgfältig abgewogen werden, sagt Mohn. «Prozesskosten und die Erfolgsaussichten vor Gericht müssen eingeschätzt werden», erklärt sie. Kunden können sich auch an eine Schlichtungsstelle wenden. Wenn die Beschwerde Bestand hat, kann der Ombudsmann einen Kompromiss zwischen den Parteien entwickeln. (DPA/TMN)