Arbeitgeber und Gewerkschaften haben ihre völlig unterschiedlichen Positionen zur Landtagswahl bekräftigt. Während der Deutsche Gewerkschaftsbund und andere Arbeitnehmervertretungen auf die Fortsetzung des Politikkurses von Grün-Rot setzen, brachten die Arbeitgeber ihre inhaltliche Nähe zur FDP und - mit Abstrichen - zur CDU zum Ausdruck. Gewerkschaften forderten die Aufwertung vom Bildungszeitgesetz, die Arbeitgeber waren hingegen für dessen Abschaffung.
CDU-Spitzenkandidat Guido Wolf kam den Arbeitgebern hierbei etwas entgegen und sagte, nach einer Evaluierung könnte das Gesetz sogar gekippt werden.
Die Rolle von Arbeitgebern und Arbeitnehmervertretern im Wahlkampf ist traditionell etwas knifflig. Die politischen Präferenzen der Mitglieder seien sehr heterogen, sagt beispielsweise der Präsident der Arbeitgeber Baden-Württemberg, Rainer Dulger, und weiter: «Wir wollen niemanden beim Gang zur Wahlurne beeinflussen.» DGB-Landesvize Gabriele Frenzer-Wolf betonte, die Südwest-Gewerkschaften würden keine Wahlempfehlung abgeben. Neben ihr auf dem Podium saß Roman Zitzelsberger von der IG Metall - er hatte vergangene Woche seine grün-rote Präferenz relativ deutlich durchblicken lassen, was Arbeitgeber-Chef Dulger zu heftigem Kopfschütteln veranlasste.
SPD-Mitglied Zitzelsberger sah die Rolle der Gewerkschaften pragmatisch: «Es ist kein Geheimnis, dass viele von uns auch in der Parteipolitik verhaftet sind.»
Inhaltlich gab es in den separaten Stuttgarter Veranstaltungen der Gewerkschaften und Arbeitgeber am Donnerstag wenig Neues - beide Seiten brachten abermals ihre Forderungen an die Landespolitik zum Ausdruck und lagen hierbei teils konträr zueinander. Bildungszeitgesetz? Eine große Errungenschaft, bei der sie noch immer «unbändige Freude» empfinde, sagte Verdi-Landeschefin Leni Breymaier. Das Gesetz billigt Arbeitnehmern die Möglichkeit von einwöchigen Weiterbildungen zu. Finstere Miene gab es hierzu hingegen bei den Arbeitgebern. Das sei das unnötigste Gesetz, das die Landesregierung angepackt habe, sagte Dulger und lag damit auf einer Linie mit dem liberalen Fraktionschef Hans-Ulrich Rülke.
Auch die AfD war Thema. «Die sogenannte Alternative für Deutschland driftet immer mehr an den rechten Rand», warnte Frenzer-Wolf. AfD-Politiker seien «Dumpfbatzen» und «Vollidioten», die in der Flüchtlingsdebatte Ängste schürten, sagte IG-Metaller Zitzelsberger. Die Integration der Flüchtlinge in den Arbeitsmarkt sei zu bewältigen. Die Herausforderungen bei Spracherwerb und Qualifizierung der Flüchtlinge seien aber gewaltig, sagte Dulger. «Sehr viele der Zuwanderer werden daher nicht die Fachkräfte von morgen, sondern allenfalls von übermorgen sein.»
Der SPD-Politiker Claus Schmiedel pflichtete ihm bei: «Wir brauchen für die Flüchtlinge die notwendige Zeit.» CDU-Spitzenkandidat Wolf sprach sich dagegen für mehr Flexibilität zum Beispiel bei Praktika für Flüchtlinge aus. Auch niederschwellige Angebote an Berufsschulen könnten eine Hilfe sein. FDP-Mann Rülke verwies auf einen Vorschlag, den seine Partei mit Trumpf-Patriarch Berthold Leibinger erarbeitet habe: Eine Art zweijährige Ausbildung, in der Flüchtlinge Deutsch lernen und Grundlagen eines Berufs lernen. Der FDP-Mann bekam bei der Veranstaltung vor vielen Unternehmern im Publikum am meisten Applaus.
Zur AfD äußerte sich Verbandschef Dulger zurückhaltend, ließ aber sein Unbehagen gegenüber dieser in Umfragen steigenden Protestpartei durchblicken. «Dass allein die AfD einer Ausweitung der Ganztagesangebote [an Schulen und Kitas] widerspricht, sagt viel aus über ein sehr tradiertes und gesellschaftlich überlebtes Familienbild dieser Partei», sagte Dulger. Der Ausbau der Ganztages-Kinderbetreuung ist eine der Forderungen seines Verbandes.
Dulger bezog sich auf einen Fragenkatalog seines Verbandes, in dem die Parteien ihre Haltung zu Wirtschaftsthemen festlegen, etwa zum Schulfach Wirtschaft oder zum Breitbandausbau. «Es besteht eine weit überdurchschnittliche Übereinstimmung der FDP mit all unseren Positionen», sagte Dulger. Die CDU lag bei etwas weniger Antworten auf Arbeitgeber-Linie. Bei Grünen und vor allem SPD gab es deutlich geringere Schnittmengen. Dulger betonte allerdings, das vorgelegte Papier sei keine Wahlempfehlung. (DPA/LSW)