In Großbritannien sollen Forscher künftig das Erbgut menschlicher Embryonen gezielt verändern dürfen. Die zuständige Behörde HFEA (Human Fertilisation and Embryology Authority) erlaubte am Montag dem Londoner Francis Crick Institute, solche Versuche an Embryonen bis zum Alter von sieben Tagen mithilfe neuer Techniken durchzuführen. Damit wollen Wissenschaftler die Erfolgsrate künstlicher Befruchtungen steigern. Die Erlaubnis gelte aber ausschließlich zu Forschungszwecken, betonte die Behörde. Veränderte Embryonen dürften keiner Frau eingesetzt werden.
Bevor das Forscherteam starten kann, muss noch eine Ethikkommission zustimmen.
Die Wissenschaftler des Instituts wollen die Erfolgsraten künstlicher Befruchtungen erhöhen. Insbesondere interessiert die Gruppe um Kathy Niakan, warum es zu Fehlgeburten kommt und wie diese verhindert werden können. Dazu müsse man «verstehen, welche Gene menschliche Embryonen brauchen, um sich erfolgreich zu entwickeln», erläuterte Niakan. Die Embryonen sollen von Paaren gespendet werden, die nach künstlicher Befruchtung nicht alle befruchteten Eizellen benötigen.
Konkret zielt die Genehmigung auf das Verfahren mit der Gen-Schere CRISPR/Cas9 ab. Damit können Forscher wesentlich präziser als bisher Teile der DNA ausschneiden oder einsetzen. Dass diese Methode nun genehmigt sei, sei das Neue, sagte ein Sprecher des Francis Crick Institute. Die Embryonalentwicklung erforschten Mitarbeiter des Instituts bereits seit längerem, betonte er.
Aktives Verändern der menschlichen DNA ist äußerst umstritten und in vielen Ländern - auch in Deutschland - verboten. Kritiker befürchten, dass sogenannte Designerbabys geschaffen werden könnten.
Mehrere britische Wissenschaftler begrüßten die Entscheidung der Behörde. Damit würden neue Einblicke in grundlegende Gen-Mechanismen gewonnen, sagte der Gynäkologe Peter Braude vom Londoner King's College. Der Biotechnologe Bruce Whitelaw vom Roslin Institute der Universität Edinburgh sagte, mit Hilfe des Projekts könnten Wege ausgelotet werden, unfruchtbaren Paaren zu helfen.
Der deutsche Experte Prof. Hans Schöler bewertet die Entwicklung mit Skepsis: «Diese Forschung hat eine neue Qualität. Sie öffnet eine Tür, gezielt in die Keimbahn eines menschlichen Embryos einzugreifen», sagte der Leiter des Max-Planck-Instituts für molekulare Biomedizin in Münster der Deutschen Presse-Agentur. «Dass solche Eingriffe nicht durchgeführt werden, war bislang internationaler Konsens. Die Briten wollen offenbar eine Vorreiterrolle einnehmen.» Letztlich, so glaubt der Experte, werde die Forschung darauf abzielen, Krankheiten zu vermeiden. Die Keimbahn betrifft jene Zellen, die sich später zu Keimzellen - also Spermien oder Eizellen - entwickeln. (DPA)