Südwest-Weinbranche warnt vor Aufgabe von Steillagen

Weinberg-Steillagen mit mittelalterlichen Trockenmauern. Foto: Bernd Weißbrod/Archiv
Weinberg-Steillagen mit mittelalterlichen Trockenmauern. Foto: Bernd Weißbrod/Archiv

Für den Erhalt ihrer markanten Steillagen fordert die Weinbranche im Südwesten deutlich mehr staatliche Hilfe. Jährlich 5000 Euro Fördergeld pro Hektar seien notwendig, um die drohende Aufgabe der Weinbau-Terrassen zu verhindern, sagte der Präsident des Württembergischen Weinbauverbands, Hermann Hohl, am Mittwoch in Weinsberg (Kreis Heilbronn). Aktuell liege die Förderung bei 900 Euro. Seit Jahresbeginn gelten Anbauregeln, welche die Anbauverlagerung in die Ebene ermöglichen - dort ist der Anbau kostengünstiger. «Wenn nichts passiert, ist unsere ganze Steillage in Gefahr», warnte Hohl.

Im Südwesten gibt es ungefähr 1100 Hektar sogenannter abgegrenzter Steillagen, drei Viertel davon in Württemberg und der Rest in Baden. Im Verhältnis zur Gesamt-Anbaufläche von 28 000 Hektar im Südwesten ist dies zwar nur ein eher kleiner Anteil, er gilt aber gewissermaßen als Aushängeschild der Branche - solche Flächen entlang des Neckars oder in Baden sind auch für den Tourismus und das Ökosystem wichtig.

 

Branchenvertreter Hohl mahnte an: «Wir können diese Flächen nicht nur über das Produkt Wein erhalten, sondern das ist ein gesellschaftliches Problem.» So dauere die Lese in den Terrassen pro Hektar etwa 2000 Arbeitsstunden, in flachen Bereichen hingegen nur etwa 500 Stunden. Die bisherigen Fördergelder reichten nicht aus, sagte Verbands-Hauptgeschäftsführer Werner Bader. Sein Pendant beim Badischen Weinbauverband, Peter Wohlfarth, schloss sich der Forderung an. «Die neuen Regeln machen die Verlagerung der Anbaufläche leider möglich», sagte er am Mittwoch in Freiburg.

 

Die mögliche Verlagerung hat für die Weingärtner und Winzer aber einen Haken: Der in der Ebene geerntete Wein kann nicht mehr als Württemberger Qualitätswein vermarktet werden, sondern er wäre «Wein ohne Herkunft» - damit würde er beispielsweise als Glühwein genutzt werden, brächte also niedrigere Einnahmen.

 

Ein anderer Teil des neuen Regelwerks könnte die Stilllegung von Steillagen verhindern: Die Weingärtner und Winzer können ihre schwierig zugängigen Weinberg-Parzellen in einem Radius von 100 Metern verschieben - das könnte ihnen die Arbeit erleichtern. Hohl beklagte aber, dass der Papierkram bei EU-Behörden bis zu vier Jahre dauere.

 

Das Steillagen-Förderprogramm könnte auch im Landtagswahlkampf thematisiert werden. Laut dem Württemberger Weingärtner Bader hat sein Verband bereits mit SPD und FDP gesprochen und hierbei prinzipiell positive Signale bekommen, Gespräche mit den Grünen und der CDU stünden noch an.

 

Der für Weinbau zuständige Minister Alexander Bonde (Grüne) verwies darauf, dass der Steillagen-Zuschuss von 350 auf 900 Euro angehoben worden sei. Dies sei aber nur «ein Tropfen auf den heißen Mauerstein», sagte Branchenvertreter Bader. André Baumann vom Naturschutzbund (Nabu) Baden-Württemberg nannte den «Weinbau in einem steilen Gewirr aus Steinmauern» ein schützenswertes Kulturerbe. Die Mauern böten seltenen Tieren wie der Mauereidechse einen wichtigen Lebensraum. «Die Mauereidechse lebt somit auch vom Schweiß des Winzers», betonte Baumann. (DPA/LSW)