«Refugees Welcome» ist Anglizismus des Jahres

Ein Banner mit der Aufschrift «Refugees welcome» bei einer Demonstration gegen die Verschärfung des Asylrechts in Hamburg. Foto: Daniel Bockwoldt/Archiv
Ein Banner mit der Aufschrift «Refugees welcome» bei einer Demonstration gegen die Verschärfung des Asylrechts in Hamburg. Foto: Daniel Bockwoldt/Archiv

Eine politische Parole zur Flüchtlingspolitik ist zum Anglizismus des Jahres bestimmt worden: «Refugees Welcome» (Flüchtlinge will-kommen). «Mit "Refugees Welcome" überwand die deutsche Sprachgemeinschaft einerseits die unmittelbare Sprachbarriere zu den Flüchtlingen und signalisierte andererseits fast nebenbei Weltoffenheit», teilte die vierköpfige Jury um den Berliner Sprachwissenschaftler Anatol Stefanowitsch mit. Auf den Plätzen folgten die Wortendung «-(e)xit», etwa in «Grexit», sowie das Verb «spoilern».

 

 

Der Ausdruck «Refugees welcome» ist den Angaben zufolge bereits in den 1990er Jahren entstanden, im vergangenen Jahr aber zu «einer selbstbewussten Antwort auf das althergebrachte "Ausländer raus" des rechten Lagers» geworden. Zahlreiche Twitter-Nutzer hatten den Slogan etwa in ihr Profilbild integriert, um sich für einen offenen Umgang mit Flüchtlingen stark zu machen; auf Demonstrationen und auch in einigen Fußballstadien waren Banner mit dem Schriftzug zu sehen. Wie einflussreich der Slogan ist, zeige aber auch, dass konservative Kritiker ihn aufgriffen - auf einigen rechten Demos werden Banner mit «Refugees Not Welcome» hochgehalten.

 

Neben der gewichtigen Rolle in der Diskussion um das deutsche Selbstverständnis gegenüber Flüchtlingen überzeugte die Jury auch, dass nicht nur ein Wort, sondern eine ganze Aussage dem Englischen entlehnt wurde, wie es in der Begründung hieß. Bei Firmen-Slogans sei das eine bekannte Praxis. «Dass aber die Sprachgemeinschaft von sich aus einen solchen Slogan entdeckt und übernimmt, ist selten.»

 

Die Endung «-(e)xit» wurde vor allem im Zusammenhang mit der Finanzkrise in Griechenland bekannt. Als «Grexit» wurde das Szenario eines Ausstiegs des Landes aus der Euro-Währungszone bezeichnet. Das Stilmittel wurde auf mehrere Länder übertragen, etwa auf Großbritannien, das mit einem Referendum den «Brexit», den Rückzug aus der Europäischen Union, herbeiführen könnte. Und im vergangenen Sommer fragte der Journalist Stefan Schirmer angesichts des islam- und fremdenfeindlichen Pegida-Bündnisses und Rechtsextremismus in Sachsen auf «Zeit Online»: «Wird es nicht Zeit für einen Säxit – den Austritt der Sachsen aus der Bundesrepublik?»

 

Von «spoilern» ist die Rede, wenn jemand wichtige Inhalte eines Buchs oder Films vorab verrät und anderen so den Spaß an der Geschichte nimmt. Im Englischen ist für eine solche unerwünschte Information das Hauptwort «spoiler» gebräuchlich, abgeleitet vom Verb «to spoil» (verderben). Dass im Deutschen das Nomen zum Verb gemacht wurde, spreche für eine aktive Integration der englischen Sprache - und gegen eine hilflose Überflutung des Deutschen, hieß es.

 

Die Initiative «Anglizismus des Jahres» würdigt seit 2010 den Beitrag des Englischen zum deutschen Wortschatz. Im Vorjahr war die Wahl auf das Wort «Blackfacing» gefallen, das die als rassistisch kritisierte Praxis bezeichnet, wenn Schwarze von geschminkten Weißen dargestellt werden. Zuvor waren meist Begriffe aus der Netzwelt wie «Shitstorm» gekürt worden.

 

In den vergangenen Wochen waren bereits zwei weitere Ausdrücke aus der Flüchtlingsdebatte hervorgehoben worden: Die Gesellschaft für deutsche Sprache (GfdS) machte «Flüchtlinge» zum Wort des Jahres. Wenig später wurde «Gutmensch» von einer Jury um die Sprachwissenschaftlerin Nina Janich zum «Unwort» gewählt, weil das Schlagwort Hilfsbereitschaft als dumm diffamiere. (DPA)