Es wird gewischt, getippt und geschüttelt. Wenn Spiele ihren Weg auf Smartphones und Tablets finden, schauen die Eltern oft nur noch staunend auf die flinken Finger ihrer Kinder. Selbst Klassiker wie Memory und Kniffel gibt's inzwischen als Apps fürs Handy. Neben etablierten App-Spielen wie Quizduell und Candy Crush stehen sie stellvertretend für die Spielzeug-Generation 3.0 und beleben das Geschäft mit den Spielwaren zusätzlich.
Und die Spielzeugbranche, die sich in der kommenden Woche wieder zur Trendsuche auf der weltweit größten Spielwarenmesse in Nürnberg einfindet, richtet sich immer stärker auf die neuen Wünsche der Käufer ein.
Bei Ravensburger etwa kümmert sich die Tochtergesellschaft Ravensburger Digital um die Entwicklung von sogenanntem Spielzeug 3.0. Die erste iPhone-App für Memory wurde Anfang 2010 veröffentlicht. Seitdem sind rund 40 weitere Titel erschienen.
Zum Beispiel Puzzles: Ursprünglich ein klassisches Spielzeug zum Anfassen, können sich Liebhaber der Puzzle-App heute auch darüber freuen, nun nicht mehr «tagelang Tische belegen» zu müssen, wie ein Nutzer im Internet bei der App-Bewertung schreibt. «Nie mehr ein Teil verlieren», urteilt ein anderer. Auch der Spieleverlag Schmidt Spiele hat Klassiker aus dem eigenen Sortiment wie etwa Kniffel für das Smartphone entwickeln lassen. Schon die Kleinsten sind Zielgruppe: Demnächst soll eine Wimmelbuch-App zu Benjamin Blümchen herauskommen.
Vorteil für die Kunden: Die Apps sind mehrheitlich deutlich günstiger als die entsprechenden Produkte in den Regalen der Händler. Für ein klassisches Monopoly-Spiel zahlt man im Laden etwa 35 Euro, die Tablet-App von Hasbro kostet lediglich 4,99 Euro. Trotz der Preisunterschiede breche der Absatz traditioneller Spiele aber nicht ein, heißt es in der Branche. «Wir sehen bisher keinerlei negative Auswirkungen durch das Digital-Angebot», sagt Thomas Bleyer, Geschäftsführer der Digitalabteilung bei Ravensburger. Dazu seien beide Produktformen zu unterschiedlich. Das Digital-Angebot sei eine sinnvolle Ergänzung, auch und gerade für unterwegs.
Die Preise orientierten sich im Digitalbereich naturgemäß am jeweiligen Marktumfeld - ein Klick entfernt gibt es vieles kostenlos. «Außerdem ist es so, dass für Digital-Produkte ja auch schlicht viele Material- und Herstellungskosten entfallen», betont Bleyer.
Trotz oder gerade wegen der niedrigeren Preise stehen Eltern in Deutschland dem Digitalspiel derzeit noch kritischer gegenüber als in anderen Ländern, etwa in England oder den USA. «Es ist im Durchschnitt sicher so, dass deutsche Eltern im internationalen Vergleich eher kritischer sind», sagt Bleyer.
Eine erkleckliche Summe zum Geschäft mit dem klassischen Spielzeug dürfte sich mit dem Digitalspielzeug aber bereits verdienen lassen. Ravensburger gab in der Vergangenheit an, rund ein Viertel des Umsatzes mit Hybridtiteln - also der Kombination elektronischer und klassischer Elemente - zu machen.
Bei Schmidt Spiele heißt es, der Anteil der Digitalsparte am Gesamtumsatz wachse stetig. «Eine Kannibalisierung gibt es nicht», sagt Yawar Haider, der dort für den Bereich Digitales zuständig ist. Während digital eher alleine oder gegen virtuelle Gegner gespielt werde, sei das klassische Brettspiel meist mit einem Zusammenkommen von Freunden oder Familie verbunden, «wofür der Konsument auch bereit ist, mehr Geld auszugeben».
Auch Willy Fischel, Geschäftsführer beim Bundesverband des Spielwaren-Einzelhandels (BVS), sieht eine Ergänzung der klassischen Spielwelt durch die digitale: «Moderne Apps machen zum Beispiel Brettspiele unterhaltsamer», kommentiert er. Genau das will die junge Zielgruppe laut einer Studie im Auftrag der Spielwarenmesse, für die das Marktforschungsunternehmen iconkids & youth bereits Ende 2012 rund 2600 Kinder und junge Erwachsene befragte. Vornehmliche Wünsche an das Spielzeug 3.0: mehr Variation in Bezug auf Spieldauer und Schwierigkeitsgrade, optische Effekte - und die Möglichkeit, auch alleine spielen zu können. (DPA)