Die Theater in Deutschland wollen sich gegen rechtes Gedankengut stellen. 60 Leiter von Theatern und Kulturorchestern haben am Dienstag in Stuttgart diskutiert, wie sie auf gesellschaftliche Veränderungen, etwa durch den Zuzug von Flüchtlingen, eingehen können. Das Theater müsse seine Kultur der nicht radikalisierten Diskussion bewahren, sagte der Vorsitzende der Intendantengruppe im Deutschen Bühnenverein, Ulrich Khuon vom Deutschen Theater in Berlin. Diese Kultur gewinne an Bedeutung, wenn eine Gesellschaft nicht mehr fähig sei, miteinander zu sprechen, oder gar eine Spaltung drohe.
Die Politik richte in dieser Situation Erwartungen ans Theater als Institution kultureller Bildung. Darf Theater auf solche Ansprüche von Außen eingehen? Es sei Aufgabe der Intendanten, sich nicht instrumentalisieren zu lassen und doch Bezug zur Realität zu behalten, sagte Khuon. «Kunst kann sich in zwei Richtungen selbst gefährden.» Zum einen, wenn sie sich nur noch nützlich machen solle, nur noch Sozialarbeit sei und keinen künstlerischen Überschuss mehr bringe. «Und die andere Gefahr ist, dass sie sich völlig in sich selber auflöst, also dass sie mit der Wirklichkeit überhaupt nichts mehr zu tun hat», sagte Khuon.
Die Kulissen von Theatern wurden im Lauf des vergangenen Jahres in mehreren Städten von rechtspopulistischen Gruppen für Kundgebungen genutzt. Die Theater wehrten sich dagegen - zum Teil mit «listigen Vorgängen», wie Khuon findet. In Stuttgart hatte die Staatsoper ein buntes Banner mit der Aufschrift «Vielfalt» bei der ultrakonservativen «Demo für Alle» als Zeichen von Toleranz an ihrer Fassade entrollt.
Über mögliche weitere Aktionen sagte der Stuttgarter Opernintendant Jossi Wieler: «Wir planen, unsere Haltung zu bewahren.» Er wünschte sich, dass sich durch den Zuzug von Flüchtlingen auch sein Publikum verändert. «Es ist nicht deren Primärproblem, was wir auf unseren Bühnen machen», sagte er. «Es wäre aber wünschenswert, dass es einen Austausch gibt über Wertigkeit unserer Kultur und Freiheit der Kunst.» Die Intendantengruppe trifft sich zweimal im Jahr an wechselnden Orten in Deutschland. (DPA/LSW)