Chinas Wirtschaft ist im vergangenen Jahr mit 6,9 Prozent so langsam wie seit 25 Jahren nicht mehr gewachsen. Das Wachstum der zweitgrößten Volkswirtschaft fiel im vierten Quartal sogar auf nur 6,8 Prozent im Vorjahresvergleich, wie das Statistikamt in Peking berichtete. Das war der niedrigste Zuwachs in einem Quartal seit Ausbruch der globalen Finanzkrise 2008. Die Konjunktur-schwäche trifft auch deutsche Exporteure, die erstmals seit 18 Jahren weniger ins Reich der Mitte ausführen.
Chinas Wachstum lag mit 6,9 Prozent wie erwartet im unteren Bereich der Vorgabe der Regierung von «rund 7 Prozent». Mit 50,5 Prozent (Vorjahr: 48,1) machte aber der Dienstleistungssektor erstmals mehr als die Hälfte der Wirtschaftsleistung aus, was das Statistikamt als Erfolg der Umstrukturierung wertete. Das Wachstum der Industrieproduktion fiel von 8,3 auf 6,1 Prozent im Vorjahresvergleich. Im Dezember lag der Zuwachs nur bei 5,9 Prozent.
Zwar soll sich die Wirtschaft stärker auf heimischen Konsum stützen, doch schwächte sich der Anstieg der Einzelhandelsumsätze von 12 Prozent im Vorjahr auf 10,7 Prozent ab. Auch der Immobilienmarkt und die Anlageinvestitionen kühlten deutlich ab. Der Investitionszuwachs im Immobiliensektor fiel von 10,5 auf nur noch 1 Prozent. Die Anlageinvestitionen wuchsen nur noch um 10 Prozent, nachdem sie im Vorjahr noch um 15,7 Prozent zugelegt hatten.
Trotz des geringeren Wachstums und der Turbulenzen an Chinas Börsen hält Chinas Staats- und Parteichef die langfristigen Grundlagen der chinesischen Wirtschaft für tragfähig. In der «neuen Normalität» verlangsame sich das Wachstum, so dass die Wirtschaft strukturell angepasst und die Triebkräfte verlagert werden müssten, sagte Xi Jinping auf einem Treffen mit Ministern und Provinzführern.
Chinas Wirtschaft müsse sich stärker auf heimischen Konsum, den Dienstleistungssektor und Innovation stützen, sagte Xi Jinping in seinen Ausführungen, die parallel zu den neuen Zahlen in den Staatsmedien verbreitet wurde. Das Wachstum müsse kurzfristig «stabilisiert» werden, während die langfristige Entwicklung geplant und zwischen den verschiedenen Regionen koordiniert werden müsse.
Es sei «entscheidend», die Überkapazitäten abzubauen, sagte Xi Jinping, der sich persönlich um die Steuerung der Wirtschaft kümmert, die seine Vorgänger jeweils dem Ministerpräsidenten überlassen hatten. Die Industrie müsse umstrukturiert, die Kosten der Unternehmen reduziert, aufstrebende Industrien und der moderne Dienstleistungssektor entwickelt werden, forderte Xi Jinping ferner.
Angesichts der wachsenden Schuldenlast, einer Immobilienblase und Überkapazitäten wird in diesem Jahr aber ein weiterer Rückgang des Wachstums erwartet. Export und Infrastrukturinvestitionen tragen weniger als bisher zum Wachstum bei. Die Weltbank rechnet 2016 nur mit 6,7 Prozent Wachstum in China. Mit dem neuen Fünf-Jahres-Plan, der im März vom Volkskongress gebilligt wird, strebt Chinas Führung durchschnittlich 6,5 Prozent in den nächsten fünf Jahren an.
Im Vorjahr war die Wirtschaft offiziell noch um 7,3 Prozent gewachsen. Doch ziehen viele Experten die amtlichen Zahlen ohnehin in Zweifel und gehen - gemessen an Frachtvolumen oder Energieverbrauch - von einem tatsächlichen Wachstum von lediglich 4 bis 6 Prozent aus.
Die schlechteren Konjunkturaussichten für China, das bisher rund ein Drittel zum globalen Wachstum beitrug, haben in den vergangenen Wochen zu heftigen Turbulenzen an den internationalen Aktienmärkten geführt. Auch die anhaltenden Kursrutsche an Chinas Börsen seit dem Ende des Aktienbooms im vergangenen Jahr sorgten für Unruhe. (DPA)