Die Zahl der Abschiebungen in Baden-Württemberg soll nach dem Willen von Innenminister Reinhold Gall (SPD) in diesem Jahr deutlich zunehmen - auch in nordafrikanische Staaten. «Wir müssen die Zahl der Rückführungen weiter erhöhen», sagte der Minister der Deutschen Presse-Agentur in Stuttgart. Seit Einführung eines bundesweit einmaligen «Rückkehrmanagers» im Südwesten habe die Zahl der Ausweisungen bereits zugenommen.
Nach Angaben des Ministeriums gab es bis Ende November 2449 Abschiebungen sowie 5289 freiwillige Ausreisen. «Das sind in beiden Bereichen doppelt so viele wie im Jahr davor», sagte Gall.
Schwerpunkt bisher sind die Balkanländer wie Serbien, Kosovo und Albanien. Es gebe zudem derzeit rund 25 000 Geduldete, die ausreisepflichtig sind. «Wir machen ihnen deutlich, dass sie zurückkehren müssen», sagte der Minister. Das sei auch das Signal an die Bürger im Südwesten. «Die Menschen erwarten von einem handlungsfähigen Staat, dass er handelt.» Dabei setzt das Land aber vor allem darauf, dass Menschen ohne Zwang Deutschland wieder verlassen.
Für die freiwilligen Rückführungen seien im vergangenen Jahr 1,2 Millionen Euro eingeplant gewesen. Dabei werde Freiwilligen geholfen, die Rückreise mit einem Charterflug oder auch mit Bussen anzutreten. Ausweisen könnten die Behörden hingegen nur, wenn keine Hindernisse - wie etwa Krankheit oder ungeklärte Identitäten - vorlägen. «In den ersten beiden Monaten des Jahres machen wir sechs Sammelcharter. Das ist viel mehr als sonst», sagte Gall.
Die Menschen sollten aus Sicht des SPD-Politikers möglichst schnell direkt aus den Landeserstaufnahmeeinrichtungen in ihre Länder zurückgeführt werden. Damit will das Land verhindern, dass die Asylsuchenden erst irgendwo im Land verteilt werden, um dann von dort aus in ihre Heimat zurückzukehren.
Die CDU hatte der Landesregierung immer wieder vorgeworfen, zu wenig Ausländer abzuschieben. Als Spitzenkandidat der Partei für die Landtagswahl am 13. März hatte CDU-Fraktionschef Guido Wolf mehr Anstrengungen gefordert, die Zahl der Migranten zu reduzieren.
Gall wies diese Vorwürfe zurück. «Abschiebehindernisse kann auch der Herr Wolf nicht beseitigen.» Bei der Vielzahl der Menschen sei das Problem logistisch kaum schneller zu lösen. «Wir haben 2014 nicht erwartet, dass die Zahl der Flüchtlinge 2015 so stark ansteigt», räumte er ein.
Minister Gall lehnte es allerdings ab, sich bei den Abschiebungen auf eine Zahl festzulegen. Das Land baut zudem gegenwärtig in Pforzheim eine Abschiebegefängnis mit bis zu 80 Plätzen. Die ersten 20 Plätze sollen im Mai fertig sein.
Zurückhaltend äußerte sich der Innenminister zu Forderungen, Straftäter schneller abzuschieben. «Wenn es die Möglichkeit gibt, Straftäter abzuschieben, dann machen wir das auch.» Allerdings müssten in den jeweiligen Ländern auch die Bedingungen dafür gegeben sein. In Kriegsgebieten gibt es oft weder intakte Behördenstrukturen noch Gefängnisse. Mit Blick auf geforderte härtere Strafen sprach sich Gall dafür aus, das mögliche Maß erst einmal auszuschöpfen. «Ich bin zurückhaltend, was Gesetzesverschärfung angeht.»
Zugleich bekräftigte er eigene Forderungen nach einer Wohnsitzauflage für Flüchtlinge. «Wer zu uns kommt, soll auch nach seiner Anerkennung dorthin gehen, wohin der Staat das möchte.» So soll die Bildung von Ghettos in Ballungsräumen verhindert werden. Auch früher - bei den Spätaussiedlern nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion - habe der Staat festgelegt, wer wohin kommt - mit Wohnbauschwerpunkten. «Es wird für Ballungsräume schwerer werden, Flüchtlinge mit Bleiberecht zu integrieren», sagte Gall. (DPA)