Mitten in der Debatte über Flüchtlinge ist der Begriff «Gutmensch» zum «Unwort des Jahres 2015» gewählt worden. Der Vorwurf diffamiere «Toleranz und Hilfsbereitschaft pauschal als naiv, dumm und weltfremd, als Helfersyndrom oder moralischen Imperialismus», begründete die Sprecherin der «Unwort»-Jury, die Sprachwissenschaftlerin Nina Janich, am Dienstag in Darmstadt. «Als «Gutmenschen» wurden 2015 insbesondere auch diejenigen beschimpft, die sich ehrenamtlich in der Flüchtlingshilfe engagieren oder die sich gegen Angriffe auf Flüchtlingsheime stellen.»
Neu ist das Wort «Gutmensch» nicht - 2011 kam es bei der Wahl des «Unworts» sogar schon einmal auf Platz zwei. Das Schlagwort sei aber «im Zusammenhang mit dem Flüchtlingsthema im vergangenen Jahr besonders prominent geworden», sagte Janich. «Gutmensch» ist das 25. gewählte «Unwort», die Aktion gibt es seit 1991.
Der Ausdruck wurde 64 Mal und damit am dritthäufigsten eingesendet. 1644 Einsendungen waren eingegangen, mehr als in den Jahren 2014 (1246) und 2013 (1340).
Gerügt wurde diesmal außerdem der Begriff «Hausaufgaben». Im Zusammenhang mit Kredithilfen für Griechenland transportiere er eine «unangemessene Arroganz». Die Jury kritisierte auch den Begriff «Verschwulung», ein Ausdruck in einem Buchtitel des rechtspopulistischen Autors Akif Pirinçci. Damit würden Homosexuelle diffamiert.
Zum «Unwort des Jahres 2014» war die Parole «Lügenpresse» gewählt worden. Sie wird vor allem von Pegida genutzt. Im Jahr 2013 war «Sozialtourismus» das «Unwort», davor «Opfer-Abo» (2012) und «Döner-Morde» (2011).
Neben dem «Unwort des Jahres» gibt es auch das «Wort des Jahres». Dieser Begriff wird von der Gesellschaft für deutsche Sprache (GfdS) in Wiesbaden gewählt, unabhängig von der sprachkritischen Jury mit ihrer Sprecherin in Darmstadt. Für 2015 entschied sich die GfdS für den Begriff «Flüchtlinge». Diese Bezeichnung sei im deutschen Wortschatz stark verankert, lautete die Begründung. Das Wort bringe die zentrale gesellschaftliche Diskussion auf den Punkt. (DPA)