Sozialleistungen für arbeitslose EU-Bürger werden in Deutschland voraussichtlich beschränkt. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) unterstützte in Berlin grundsätzlich ent-sprechende Gesetzespläne von Arbeits-ministerin Andrea Nahles (SPD). Nach einem Urteil des Bundessozialgerichts haben EU-Ausländer nach sechs Monaten in Deutschland Anspruch auf Sozialhilfe. Die CSU hatte massiv dagegen protestiert und Nahles zum Handeln aufgefordert. Bei ihrer Klausur in Wildbad Kreuth in den bayerischen Alpen wollten die CSU-Bundestagsabgeordneten ein Papier beschließen, wonach mindestens zwölf Monate kein Sozialhilfeanspruch für EU-Bürger in Deutschland bestehen soll.
Die CSU unterstützte Großbritanniens konservativen Premier David Cameron, der im eigenen Land unter dem Druck von Europagegnern steht und die Bürger bis spätestens 2017 über den Verbleib des Landes in der EU abstimmen lässt. Er hatte gedroht, für den Austritt aus der EU zu plädieren, falls seine Reformpläne nicht erfüllt werden. Er will unter anderem den Zuzug von Einwanderern aus der EU begrenzen, indem sie bestimmte Sozialleistungen erst nach vier Jahren erhalten sollen.
Cameron nahm am Morgen an der CSU-Tagung in Kreuth teil. Er betonte, Großbritannien wolle sicherstellen, dass das eigene Sozialsystem keine «künstliche Anziehung» ausübe. Er bemühte sich um deutsche Unterstützung und gab sich zuversichtlich, dass die Briten bei dem Volksentscheid für den Verbleib in der EU stimmen werden. Aber er mahnte: «Dafür ist noch ein hartes Stück Arbeit notwendig.»
Merkel sagte nach einem Gespräch mit Rumäniens Ministerpräsidenten Dacian Ciolos in Berlin, die Überlegungen in Deutschland verknüpften sich mit Camerons Wünschen. Es sei richtig, darüber nachzudenken, ob jemand ohne Arbeit in Deutschland bereits Anspruch auf Sozialhilfe habe. «Das ist nicht die Intention des Freizügigkeitsgesetzes.» Rumänische Arbeitskräfte seien in Deutschland sehr willkommen. «Aber wenn es um den Bezug von Sozialleistungen geht, die nicht auf Arbeit beruhen, (...) bin auch ich der Meinung, dass es ja zumutbar ist, wieder in sein Heimatland zurückzugehen», stellte Merkel klar.
Sie hatte sich am Mittwochabend mit Cameron in Kreuth getroffen. Merkel setzt auf ein Reformpaket der EU, mit dem der Verbleib Großbritanniens in der Union gesichert werden kann, lässt aber an Grundpfeilern wie Arbeitnehmerfreizügigkeit und Anti-Diskriminierung nicht rütteln. Aus Regierungskreisen verlautete, das Treffen sei ein wichtiger Schritt, aber kein Meilenstein gewesen. CSU-Chef Horst Seehofer hatte am Mittwoch gesagt, Camerons Haltung sei «CSU pur». Ihn interessiere vor allem, wie er als einer der wenigen Politiker in Europa 2015 die absolute Mehrheit in seinem Land bekommen habe.
CSU-Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt sagte, der Verbleib Großbritanniens in der EU sei im deutschen und gesamteuropäischen Interesse. Die CSU-Politiker berieten über ein Papier, wonach «nur diejenigen in den Genuss von Sozialleistungen kommen, die in dem jeweiligen Mitgliedstaat längere Zeit gelebt und entsprechende Beiträge entrichtet haben». In Deutschland sollten demnach arbeitslose EU-Ausländer frühestens nach zwölf Monaten Anspruch auf Sozialhilfe haben. Die Grundsicherung solle dann über den Herkunftsstaat erfolgen. Beim Kindergeld sollten die Lebenshaltungskosten am Wohnort des Kindes zugrunde gelegt werden. (DPA)