Flüchtlingsstreit: Verhärtete Fronten zwischen CDU und CSU

Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer und Bundeskanzlerin Angela Merkel während der Klausurtagung in Wildbad Kreuth. Foto: Matthias Balk
Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer und Bundeskanzlerin Angela Merkel während der Klausurtagung in Wildbad Kreuth. Foto: Matthias Balk

Die Fronten im Flüchtlingsstreit zwischen CSU und CDU bleiben verhärtet: CSU-Chef Horst Seehofer setzte Kanzlerin Angela Merkel (CDU) bei der Winterklausur in Wildbad Kreuth eine Frist bis Jahresende zur Begrenzung der Flüchtlingszahlen und verlangte erneut eine Obergrenze von 200 000 Flüchtlingen in diesem Jahr. Doch die Kanzlerin lehnte hinter verschlossenen Türen eine Festlegung sowohl auf eine Zahl als auch einen Zeitrahmen ab und forderte stattdessen die CSU auf, ihr mehr Zeit zu geben. Das berichteten CSU-Abgeordnete anschließend.

 

Seehofer reagierte anschließend gelassen: «Es konnte aber nicht erwartet werden, dass wir jetzt in ein oder zwei Stunden hier in Kreuth plötzlich einen völligen Konsens haben», sagte er im «Heute Journal» des ZDF. «Aber es war ein vernünftiges Gespräch, es war ein kollegiales Gespräch», fügte der bayerische Ministerpräsident hinzu. Er machte zugleich deutlich, dass seine Partei an ihrer Forderung festhält: «Wir werden weiter unser Ziel verfolgen.»

 

Schon zum Auftakt der Klausur sagte Seehofer: «In aller Ruhe bleibe ich bei meiner Forderung, dass wir im Jahre 2016 eine Wende in der Flüchtlingspolitik - und zwar aller Facetten - brauchen.» Die CDU-Chefin erteilte ihm bereits bei ihrem Eintreffen erwartungsgemäß erneut eine Absage: «Es gibt einige unterschiedliche Positionen. Das wird sich auch heute in der Diskussion wahrscheinlich nicht ändern.»

Hinter verschlossenen Türen wurde Seehofer dann deutlicher. «Wir müssen 2016 liefern», sagte er nach Teilnehmerangaben zur Begrenzung der Flüchtlingszahlen. «Wenn es so bleibt, haben wir als Union unsere besten Zeiten hinter uns.» Rechts von der Union sei eine «neue Gruppierung» entstanden, meinte Seehofer zur rechtspopulistischen Alternative für Deutschland (AfD) - «deshalb kommt es existenziell auf richtige Entscheidungen an».

 

Merkel sagte laut Teilnehmern in der internen Sitzung: «Wir sind uns vollkommen einig, wir müssen die Zahl der Flüchtlinge spürbar reduzieren.» Es gehe nur «um die Frage wie». Sie sei nach wie vor der Meinung, dass Deutschland auf lange Sicht besser als mit nationalen Maßnahmen fahre, «wenn wir die Außengrenzen schützen und mit unseren Nachbarn Abkommen schließen».

 

Es habe eine harte Auseinandersetzung gegeben, berichteten die Teilnehmer anschließend. Es gab demnach 15 Wortmeldungen. Die CSU-Abgeordneten forderten Merkel zu schnellerem Handeln auf. Als derzeit wichtigste nationale Maßnahme verlangten sie ein Zurückweisen von Flüchtlingen ohne gültige Papiere an der Grenze. Merkels Reaktion laut Teilnehmern: «Ich bitte darum, dass man mir mehr Zeit gibt.» Es seien noch nicht genügend Versuche unternommen worden, den Andrang der Flüchtlinge auf andere Weise zu begrenzen.

 

Nach wie vor kämen im Schnitt über 3000 Flüchtlinge pro Tag nach Deutschland, beklagte Seehofer schon vor Beginn der Tagung vor den Kameras. Im Vergleich zur Situation vor einem Jahr hätten sich die täglichen Zugangszahlen «verzehnfacht bis verzwanzigfacht». Halte der Trend an, «hätten wir in diesem Jahr mehr Flüchtlinge als im Jahr 2015». Da kamen rund 1,1 Millionen in Deutschland an.

 

Sowohl Seehofer als auch Merkel wollen jedoch den Konflikt um die Flüchtlingspolitik nicht eskalieren lassen. Anders als beim CSU-Parteitag im November betonte Merkel die Übereinstimmung der beiden Schwesterparteien auf vielen anderen Politikfeldern: «CDU und CSU haben weit mehr gemeinsame Positionen.»

 

Seehofer nannte Merkels Besuch in Kreuth vor ihrem Eintreffen eine Ehre für die CSU. Auch CSU-Landesgruppenchefin Hasselfeldt bemüht sich, die Gegensätze zwischen CSU und Merkel zusammenzuführen: «Wir wissen, dass sie sich Argumenten nicht verschließt.» Und: «Es geht nicht darum, dass der eine oder andere Recht bekommt.» Einige Kilometer von dem alten Kurhotel entfernt demonstrierten im Dorf Kreuth etwa 50 AfD-Mitglieder und Anhänger gegen die Kanzlerin und forderten ihren Rücktritt.

 

Zweiter prominenter Gast der Kreuther Klausur ist in diesem Jahr der britische Premier David Cameron, der am Abend eintraf. (DPA)