Neue Wege gegen den krank machenden Feinstaub in Stuttgart: In Baden-Württemberg gibt es Überlegungen über eine mögliche Umweltspur für saubere Fahrzeuge. Für bessere Luft in der Landeshauptstadt dürfe es keine Denkverbote geben, sagte Verkehrs-minister Winfried Hermann (Grüne) der Deutschen Presse-Agentur am Dienstag. «Auf ihr könnten Elektroautos, Autos, die Euro 6 erfüllen und eventuell Fahrzeuge, die mit mindestens zwei Personen besetzt sind, fahren.» Kritik kam von der CDU und der örtlichen IHK.
So eine Umweltspur gibt es in Deutschland bislang nicht, wie eine Sprecherin von Hermann ergänzte. Der Verkehrspolitiker beurteilte eine solche Fahrbahn nach dem Vorbild einer Busspur selbst eher skeptisch. Schwierig sei das, weil es oftmals nur zwei Fahrbahnen je Richtung gebe. «Wir wollen nicht den öffentlichen Personennahverkehr blockieren», sagte Hermann. Es dürften gleichfalls keine Staus an den Autobahnabfahrten entstehen.
Zur Warnung vor Luftschadstoffen wie Feinstaub und Stickstoffdioxid will die Stadt Stuttgart vom 11. Januar an Alarm auslösen: Die Bürger sind dann an zwei Tagen hintereinander insbesondere dazu aufgerufen, auf das Auto zu verzichten und auf den Öffentlichen Nahverkehr umzusteigen. «Wenn wir feststellen, dass die Appelle nichts gebracht haben, müssen wir zu anderen Maßnahmen greifen. Das könnten auch Fahrverbote sein. Das wäre die simpelste Variante.» Er würde aber eher die Option der blauen Plakette im Rahmen eines Gesamtkonzeptes umweltfreundlicher Mobilität mit verstärkter Nutzung des Nahverkehrs und der Radwege bevorzugen, sagte Hermann.
Die blaue Plakette gibt es bisher nicht, aber wenn es nach dem Minister geht, könnten künftig nur so gekennzeichnete Autos in der Stuttgarter Innenstadt fahren. Bekommen sollen sie Dieselfahrzeuge mit der Abgasnorm Euro 6 und Benziner mit Euro 3. Die Plakette wäre ein Innovationsschub vor allem für die Diesel-Fahrzeuge. «Alte Dieselfahrzeuge müssen raus aus den Städten.» Das Thema blaue Plakette stehe bei den zuständigen Umweltministern im Frühjahr auf der Tagesordnung.
In Stuttgart ist an der Messstation Neckartor der EU-Feinstaub-Grenzwert von 50 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft bisher regelmäßig überschritten worden. Wegen der Überschreitungen sitzt die EU-Kommission Deutschland schon seit längerem im Nacken. Es sind Vertragsverletzungsverfahren anhängig.
Die Umweltspur würde frühestens 2018/2019 kommen, sagte Hermann weiter. Kritik kam von der oppositionellen CDU. Der Vorschlag sei nicht umsetzbar, sagte die verkehrspolitische Sprecherin Nicole Razavi. «Eine Umweltspur würde die ohnehin schon schwierige Verkehrssituation in Stuttgart verschlechtern, den Straßenraum zusätzlich einengen und zu weiteren Staus führen.»
Die IHK-Region Stuttgart wies auf folgendes hin: Für Verkehre von Speditionen oder Servicebetrieben gebe es kaum Ausweichmöglichkeiten. «Bürger wie Betriebe sind auf viele Fahrten mit Lebensmitteln, anderen Terminwaren oder von Pflege- und Rettungsdiensten angewiesen.» Weitergehende Verbote träfen vor allem Beschäftigte, die sich Autos mit alternativen Antrieben nicht leisten können. (DPA)