Erst Berlin, dann Hamburg, Köln, München. Jetzt auch Trier und Sylt, bald sogar Kleinmachnow. Zu Jahresbeginn gilt in rund 300 deutschen Städten die Mietpreisbremse. Viele Bundesländer haben mit der Einführung gezögert. Und noch immer sehen nicht alle den Bedarf. Umstritten ist vor allem, ob das Gesetz bringt, was es soll. Eine Zwischenbilanz.
Was will die Mietpreisbremse?
Sie soll sprunghafte Mieterhöhungen vor allem in Großstädten verhindern. Bislang musste ein neuer Mieter nach einem Umzug oft deutlich mehr zahlen als sein Vormieter.
Seit Juni dürfen die Preise bei Mieterwechseln in ausgewiesenen Gegenden nur noch zehn Prozent über der ortsüblichen Vergleichsmiete liegen. Bei Neubauten und nach umfassender Modernisierung gilt das aber nicht. Und auch nicht, wenn der Vermieter zuvor schon höhere Mieten kassiert hat.
Wo gilt sie - und warum nicht überall?
Wo die Preisbremse greift, legen die Bundesländer fest. Es gebe ja nicht überall Wohnungs- sondern manchmal auch Mietermangel, begründet Justizminister Heiko Maas (SPD). Das Gesetz soll nur da angewandt werden, wo es auch gebraucht wird.
Nach Schätzungen des Deutschen Mieterbunds sind derzeit 6 der bundesweit 21,2 Millionen Mietwohnungen betroffen. Bis Jahresende haben neun Bundesländer die Preisbremse eingeführt. Zuerst machte nur Berlin mit, inzwischen fehlen noch Sachsen, Sachsen-Anhalt, das Saarland, Niedersachsen und Mecklenburg-Vorpommern - sie sehen zum Teil keinen Bedarf, weil viele Wohnungen leerstehen. In Thüringen ist die Einführung in zwei Städten für 2016 geplant.
Was hat es bisher gebracht?
Das lässt sich noch nicht für alle Städte auswerten. Experten sind aber skeptisch. Dort, wo die Mietpreisbremse schon einige Monate gelte, seien die Mieten nicht gesunken, sagt Mieterbund-Direktor Lukas Siebenkotten. In Berlin gingen die Preise auf der Vermietungsplattform Immobilienscout24 erst runter, dann wieder hoch. Konkurrent Immowelt meldete im Oktober steigende Mieten in 7 von 12 Städten mit Mietpreisbremse. Die Mieten orientierten sich «im Wesentlichen an der aktuellen Marktsituation», folgert Immobilienscout24. Im Klartext: In beliebten Gegenden, wo Wohnungen knapp sind, verlangen Eigentümer weiter hohe Mieten. «Vermieter halten sich von alleine offensichtlich nicht an die Mietpreisbremse», sagt Siebenkotten.
Werden sie dann nicht bestraft?
Nein, Vermieter haben bei Verstößen nicht viel zu befürchten. Wenn sich ein Mieter beschwert und Recht bekommt, muss der Vermieter lediglich die zu viel gezahlte Miete zurückzahlen.
Steigen die Mieten im kommenden Jahr weiter?
Davon gehen die Experten aus. «Steigende Nachfrage und ein nicht ausreichend wachsendes Angebot führen in der Regel zu steigenden Mieten», sagt Siebenkotten. Auch die Wohnungsunternehmen erwarten zumindest moderate Anstiege. Deutschland fehlten einfach mehr als 800 000 Wohnungen. Wo man keine Wohnung finde, helfe auch keine Begrenzung der Mieten, meint der Präsident des Bundesverbands deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen (GdW), Axel Gedaschko. Schon jetzt verlangt einer Umfrage des Eigentümerverbands Haus und Grund zufolge fast jeder dritte Eigentümer Mieten, die mehr als zehn Prozent über der ortsüblichen Vergleichsmiete liegen.
Hat die Mietpreisbremse auch negative Folgen?
Haus und Grund geht davon aus, dass sie die Situation in angespannten Wohnungsmärkten sogar verschärfen kann. Wenn Wohnen in einem begehrten Quartier nicht teurer werde, werde die Gegend noch beliebter. Außerdem würden kostspielige Sanierungen attraktiv. Experten erwarten außerdem mehr Rechtsstreitigkeiten zwischen Vermietern und Mietern, die sich über zu hohe Mieten beschweren.
Wie kann man die Preisbremse wirkungsvoller machen?
Die Mietpreisbremse ist eigentlich noch nicht ganz fertig. Denn für Angaben zur ortsüblichen Vergleichsmiete bräuchte man gute Mietspiegel. In vielen Städten sind diese aber reformbedürftig.
Ein Problem ist auch, dass Mieter dem Vermieter Verstöße gegen die Preisbremse nachweisen müssen. Das machen sie bislang kaum, weil viele froh sind, überhaupt eine Bleibe zu finden. Wer eine Wohnung sucht, weiß in der Regel auch nicht, wie viel der Vormieter gezahlt hat. Ohne den Vergleichswert lässt sich nicht einschätzen, ob die Preisbremse eingehalten wird. Für viele kommt die Begrenzung außerdem einfach zu spät. Sie friert das hohe Niveau ihrer Mieten nur ein. (DPA)