Die baden-württembergische Landtagswahl ist nach Einschätzung des FDP-Spitzenkandidaten Hans-Ulrich Rülke ein wesentlicher Maßstab für das Abschneiden der FDP im Bund ein Jahr später. «Wenn wir in Baden-Württemberg nicht deutlich über fünf Prozent kommen, dann ist das schon ein Signal, dass es bei der Bundestagswahl schwierig wird», sagte Rülke der Deutschen Presse-Agentur in Stuttgart. «Die FDP in Baden-Württemberg hat bei allen Wahlen unter den 16 Landesverbänden immer am besten abgeschnitten.
Das scheint fast so etwas wie ein Naturgesetz zu sein.» Die Liberalen betrachten Baden-Württemberg als ihr Stammland.
In den Umfragen steht die FDP bei fünf Prozent - ihr Wiedereinzug in den Landtag ist demnach also nicht sicher. Rülke beteuerte aber, nach seinen Erfahrungen und seiner Wahrnehmung werde die FDP bei der Landtagswahl am 13. März «deutlich über fünf Prozent» liegen. «Wir haben im Südwesten rund fünf Prozent Stammwähler. Darüber hinaus müssen wir Wechselwähler gewinnen.» Diese will er vor allem von der CDU zu den Liberalen hinüberziehen. «Ich höre von vielen Leute, die sagen, bei der letzten Bundestagswahl oder Landtagswahl habe ich die CDU gewählt. Dieses Mal wähle ich die FDP, weil ich mit der Regierungspolitik der CDU in Berlin nicht zufrieden bin.»
FDP-Bundesvize Wolfgang Kubicki sieht die Partei mittlerweile wieder im Aufschwung. Die Liberalen spürten massive Unterstützung von Verbänden, Parteien und Organisationen. «Ich bin mir sicher, dass wir in allen drei Ländern im März besser abschneiden als in Bremen, wo die FDP bei 6,6 Prozent lag», sagte Kubicki mit Blick auf die Wahlen in Baden-Württemberg, Sachsen-Anhalt und Rheinland-Pfalz.
Der Politikwissenschaftler Hans-Georg Wehling geht ebenfalls davon aus, dass die FDP den Wiedereinzug in den Landtag in Stuttgart schafft. Die Liberalen seien stark in Baden-Württemberg verankert. «Es gibt Wähler, die sagen, die FDP hat es schon immer hier gegeben. Sie muss wieder rein.» Nach Wehlings Einschätzung wählten vor allem Menschen, die mit der CDU unzufrieden seien, aber nicht die Alternative für Deutschland (AfD) unterstützen wollten, die FDP.
Der Freiburger Politologe Ulrich Eith meint, es hänge viel davon ab, welche Themen kurz vor der Landtagswahl öffentlich eine Rolle spielen. Dominierten Wirtschaftsthemen, seien die Chancen für die FDP besser. Bei einer Krisen- oder Proteststimmung - etwa im Zusammenhang mit dem Flüchtlingsthema - werde eher die AfD profitieren. «Die Liberalen hätten gute Chancen, in den Landtag zu kommen. Aber es ist nicht sicher.» Der Stammland-Bonus sei kleiner geworden.
Beim Landesparteitag am 5. Januar in Fellbach will die FDP einen Leitantrag beschließen mit Positionen, die ihr im Falle einer Regierungsbeteiligung wichtig sind. «Dazu gehören, dass wir die Privilegierung der Gemeinschaftsschule abschaffen, dass wir das Bildungszeitgesetz zurücknehmen und Milliarden in die Infrastruktur stecken wollen, vor allem in den Aufbau der Breitband-Infrastruktur.»
Rülke bekräftigte, dass die FDP nicht um jeden Preis im Südwesten mitregieren wolle. «Ich habe erlebt, wie das ist, wenn man Erwartungen weckt und diese dann nicht erfüllt: zwischen 2009 und 2013 auf Bundesebene», sagt er. «Ich werde keine Koalition machen, die dazu führt, dass wir in fünf Jahren weg vom Fenster sind.» (DPA)