Ein schweres Erdbeben der Stärke 6,3 hat in der Nacht auf Samstag die Erde in Afghanistan erzittern lassen. Bewohner der Hauptstadt Kabul meldeten, die Erde habe sich fast eine Minute lang bewegt. Tausende Menschen rannten auf die Straßen, getrieben von schlimmen Erinnerungen an das jüngste Beben Ende Oktober. Bei den Erdstößen der Stärke 7,5 waren damals in Afghanistan und Pakistan mehr als 400 Menschen ums Leben gekommen.
Laut dem Erdbebeninformations-Programm des Deutschen Geoforschungszentrums (GFZ) Potsdam erreichte das Beben eine Stärke von 6,3.
Das Epizentrum lag wieder im Norden des Landes, in der gebirgigen Provinz Badachschan, und betraf somit auch das benachbarte Pakistan und Indien. «Derzeit haben wir noch keine Berichte von Todesfällen, aber es ist dunkel draußen, und wir wissen nicht, wie es in den Bergen aussieht», sagte ein UN-Mitarbeiter in der Provinzhauptstadt Faisabad.
Der stellvertretende Gouverneur der Provinz, Gul Ahmad Bedar, sagte: «Das Beben hat sich nicht so stark angefühlt wie das im Oktober, aber es hat uns doch ganz schön durchgerüttelt. Wir werden aber erst im Tageslicht sehen können, was es angerichtet hat.»
Das Epizentrum lag laut dem Erdbeben-Informationszentrum EMSC in der Hindukusch-Region, etwa 280 Kilometer nördlich der pakistanischen Stadt Peshawar. In der pakistanischen Hauptstadt Islamabad, die mehr als 400 Kilometer vom Epizentrum entfernt liegt, war das Beben mindestens 30 Sekunden spürbar und ließ Wände und Decken knacken. In Krankenhäusern wurden vorsichtshalber Notfallpläne ausgerufen. Von Schäden oder Opfern wurde aber zunächst nichts bekannt.
Nach ersten Berichten wurden in der ostafghanischen Stadt Dschalalabad fünf Menschen ins Krankenhaus gebracht und in der südpakistanischen Stadt Peshawar 17.
Es ist wahrscheinlich, dass die Opferzahlen steigen werden. Das Beben traf die Region im Winter, wenn Wände und Dächer von ärmlichen, aus Lehmziegeln konstrierten Behausungen schwer und nass werden. Erdstöße lassen solche Häuser leicht in sich zusammenstürzen. Sie lösen auch tödliche Schlammlawinen aus. Hunderte sind in Badachschan schon von Schlammlawinen getötet worden.
Das Epizentrum des Bebens lag nach Angaben des GFZ in 204 Kilometern Tiefe. Je tiefer das Zentrum des Bebens, desto weiter sind Erschütterungen spürbar. Jährlich gibt es weltweit schätzungsweise etwa 100 Erdbeben der Stärke 6,1 bis 6,9. (DPA)