Jeder Vermieter weiß: «Eigentum verpflichtet.» Diese Regel findet sich im Grundgesetz. Wenn Eis und Schnee auf den Bürgersteigen liegen, greift noch eine weitere Bestimmung: Wer vorsätzlich oder fahrlässig andere verletzt, ist zum Ersatz des entstandenen Schadens verpflichtet. Doch was haben die beiden Regelungen mit dem Winterurlaub zu tun? Die Antwort ist einfach: «Immobilieneigentümer müssen im Winter die Wege vor ihrem Grundstück von Schnee und Eis befreien», erklärt Gerold Happ vom Eigentümerverband Haus & Grund Deutschland in Berlin.
«Und diese Aufgabe können sie auch an Mieter übertragen.» Voraussetzung hierfür ist allerdings, dass sich das im Mietvertrag wiederfindet.
Eine Regelung in der Hausordnung reicht nicht aus. Es gibt auch kein Gewohnheitsrecht, nach dem die Bewohner im Erdgeschoss zur Schneebeseitigung verpflichtet sind. «Dann sind die Mieter verantwortlich, müssen Schnee fegen und Eis räumen, unabhängig davon, ob sie im Urlaub sind oder über die Feiertage verreist sind», sagt Ulrich Ropertz vom Deutschen Mieterbund.
Fängt es an zu schneien, müssen Eigentümer oder Mieter im Zweifel früh aufstehen und werktags in der Regel von 7.00 bis 20.00 Uhr Schnee schippen. An Sonn- und Feiertagen gilt die Räumpflicht meist ab 8.00 Uhr. Bei Glatteisbildung besteht sofortige Streupflicht.
Wenn der Grundstückseigentümer weiß, dass Passanten sein Grundstück schon früher betreten, muss er jedoch noch früher räumen. Andernfalls kann er für Unfälle auch schon vor 7.00 Uhr haftbar gemacht werden, entschied das Oberlandesgericht Koblenz (Az.: 5 U 1479/14).
Gefegt und gestreut werden müssen der Bürgersteig, der Hauseingang sowie die Wege zu Mülltonnen und Garagen. Vor dem Haus müssen die Gehwege auf einer Mindestbreite von einem Meter vom Schnee befreit werden, so dass zwei Fußgänger aneinander vorbeigehen können. An Hauptverkehrs- und Geschäftsstraßen muss ein mindestens eineinhalb Meter breiter Streifen geräumt werden. Für Wege zu Mülltonnen oder Garagen gilt hingegen eine Mindestbreite von einem halben Meter.
Sind Eigentümer oder Mieter nicht da, weil sie zum Beispiel in den Skiurlaub gefahren sind, müssen sie sich um eine Vertretung kümmern. «Sie müssen also vor der Abreise dafür sorgen, dass jemand ihre Aufgaben in der Zeit übernimmt», erklärt Gerold Happ. «Und zwar zuverlässig.» Denn wer nicht kontrolliert, ob die Vertretung den Pflichten nachkommt, muss einen Schaden unter Umständen selber zahlen. Das geht aus einer Entscheidung des Oberlandesgerichts (OLG) Oldenburg hervor (Az.: 1 U 77/13).
Fällt die Vertretung aus, weil sie sich zum Beispiel ein Bein gebrochen hat, muss für weiteren Ersatz gesorgt werden. «Diese Kette könnte man im Prinzip endlos erweitern», gibt Happ zu bedenken. Doch in der Praxis werden Gerichte bei einem Unfall alle Umstände berücksichtigen. Um am Ende nicht doch auf Schadenersatzforderungen sitzen zu bleiben, ist es empfehlenswert, eine private Haftpflichtversicherung zu haben, erklärt der Bund der Versicherten (BdV) in Henstedt-Ulzburg bei Hamburg. Sie tritt ein, wenn jemand zu Schaden kommt und reguliert etwaige Schadenersatzansprüche des Geschädigten. Besteht kein Versicherungsschutz, haftet der Schadensverursacher mit seinem gesamten Vermögen.
Wie und wann ein Mieter im Einzelfall haftbar gemacht werden kann, hängt immer von den Umständen des Einzelfalls ab. Die Tücke liegt dabei - wie so oft - im Detail: Stürzt zum Beispiel ein Mieter im Winter auf einer glatten Stelle auf dem Grundstück seiner Wohnung, hat er in der Regel keine Schadenersatzansprüche gegen die übrigen Hausbewohner. Das gilt jedenfalls, wenn der Vermieter die Räum- und Streupflicht auf alle Mieter übertragen hat und diese keinen festen Winterdienstplan aufgestellt haben. Das entschied das Oberlandesgericht (OLG) Naumburg (Az.: 2 U 77/13).
Um sich vor unangenehmen Überraschungen zu schützen, sollten Mieter vor dem Start in den Urlaub zusätzlich am besten jemanden beauftragen, der regelmäßig nach dem Rechten sieht. «Sie können die Schlüssel zum Beispiel bei Verwandten deponieren», sagt Happ. Dann können die Angehörigen auch den Briefkasten regelmäßig leeren. «Hinterlassen Sie auch Ihre Handynummer», rät Happ. «Dann sind Sie im Ernstfall erreichbar.»