Adiós Pep: Spielerfreund Ancelotti übernimmt

Carlo Ancelotti übernimmt im Sommer das Team von Pep Guardiola. Foto: Javier Lizon
Carlo Ancelotti übernimmt im Sommer das Team von Pep Guardiola. Foto: Javier Lizon

Adiós Pep Guardiola, benvenuto Carlo Ancelotti: Der FC Bayern München hat am Tag nach dem letzten süßen Sieg seines dezimierten Starensembles in 2015 die spektakuläre Trainer-Rochade bestätigt. Der deutsche Fußball-Rekordmeister verkündete am Sonntag den Abschied des 44-jährigen Guardiola, der seinen am Saisonende auslaufenden Dreijahresvertrag wie erwartet nicht verlängern wird.

Bayern-Chef Karl-Heinz Rummenigge konnte keine 20 Stunden nach dem 1:0 eines müden Münchner Rumpfteams bei Hannover 96 zugleich stolz den schon vor längerer Zeit eingefädelten und nun perfekten «Plan B» mit Ancelotti bekanntgeben. Die Verpflichtung des 56 Jahre alten Italieners stellt erneut eine 1A-Lösung auf der Trainerposition dar.

 

«Ich bin sehr geehrt, dass ich von der kommenden Saison an Trainer des großen FC Bayern sein werde», äußerte Ancelotti in der Mitteilung des Bundesliga-Herbstmeisters. Von Guardiola gab es in der 14 Zeilen umfassenden Verlautbarung des FC Bayern kein Wort.

 

Ancelotti dokumentierte den zu erwartenden Stilwandel in der Außendarstellung auch via Twitter. Dort bedankte er sich mit einem «Gracias» beim FC Bayern. Seine kurze Botschaft verzierte er mit einem Foto, das ihn im feinen Anzug zeigt, sowie dem Wappen seines neuen Vereins. Auch den Mann, den er beerben wird, bedachte Ancelotti mit wohlwollenden Worten: «Ich wünsche dem FC Bayern München und meinem Freund Guardiola nur das Beste für den Rest der Saison.»

 

«Carlo Ancelotti ist unser absoluter Wunschkandidat gewesen. Kein anderer hat eine Rolle gespielt», sagte Bayern-Sportvorstand Matthias Sammer am Abend in der TV-Sendung Sky90 und betonte: «Ancelottis grundsätzliche Qualität hat eine Rolle gespielt.»

 

Längst war Guardiola da schon in den Weihnachtsurlaub gestartet. Dem 44-Jährigen wird es im neuen Jahr nur noch um die sportliche Krönung seines von Anfang an verfolgten Dreijahresplans in München gehen. Dafür wäre neben der programmierten Titelverteidigung in der Bundesliga ein Triumph im Champions-League-Finale am 28. Mai 2016 in Mailand notwendig; jener Stadt, in der Ancelotti mit dem AC Milan große Erfolge feierte, etwa die Königsklassen-Erfolge 2003 und 2007.

 

«Wir sind Pep Guardiola dankbar für alles, was er unserem Verein seit 2013 gegeben hat», erklärte Rummenigge nüchtern. Der 60-Jährige hatte lange um Guardiola gebuhlt und dem bewunderten Katalanen mehrfach eine Verlängerung des auslaufenden Vertrages angeboten. Rummenigge bleibt nun allein die Hoffnung auf ein großartiges Happy-End: «Ich bin überzeugt, dass Pep und unsere Mannschaft jetzt noch intensiver daran arbeiten werden, die großen sportlichen Ziele zu erreichen - gerade, weil nun feststeht, dass Pep den FC Bayern verlassen wird.»

 

Vorbild dafür ist der historische Dreifach-Triumph von 2013, wie Weltmeister Thomas Müller nach seinem siegbringenden Elfmetertor am Samstag in Hannover verkündete: «Der Vertrag von Jupp Heynckes ist damals auch ausgelaufen, und wir haben das Triple gewonnen.»

 

Die Urlaubsfreude der Münchner Starkicker konnte das «Nein» von Guardiola zu einer weiteren Zusammenarbeit mit ihnen nicht trüben. Müller, der in Hannover einen von Routinier Christian Schulz verschuldeten Handelfmeter verwandelt hatte (40. Minute), brachte nach dem Abpfiff einer famosen Bundesliga-Hinrunde die Sicht der Profis mit eindeutigen Worten zum Ausdruck. «Mir als Spieler ist es egal, wie lange der Trainer Laufzeit hat, ob er verlängert oder nicht. Wir spielen für uns als Spieler. Man spielt nicht für den Trainer, sondern mit dem Trainer», sagte der Nationalspieler.

 

Die Mannschaft freute vielmehr der Dortmunder Ausrutscher in Köln, wodurch sich der Vorsprung auf den einzigen Titelkonkurrenten auf acht Punkte vergrößerte. «Das andere Ergebnis war die Sahne oben drauf. Wir können uns jetzt schön unter den Weihnachtsbaum setzen», verkündete Müller. Mit nur 13 Feldspielern meisterten die Münchner den letzten Auftrag 2015. «Alle, die dabei waren, haben sich für den Verein aufgeopfert», erklärte Nationalspieler Müller pathetisch.

 

Die Zukunft in München gehört Ancelotti, der einen Vertrag bis zum 30. Juni 2019 erhält. Dieser habe als Trainer überall Erfolg gehabt und dreimal die Champions League gewonnen, hob Rummenigge in einer ersten Laudatio hervor. Der Norditaliener ist in gewisser Weise ein Gegenentwurf zu Guardiola, dem er mit Real Madrid im Königsklassen-Halbfinale 2014 besonders beim 4:0-Erfolg in München eine der bitteresten Niederlagen als Bayern-Coach zugefügt hatte.

 

«Carlo ist ein ruhiger, ausgeglichener Fachmann, der mit Stars umgehen kann und einen variantenreichen Fußball spielen lässt - das haben wir gesucht, das haben wir gefunden. Wir freuen uns auf die Zusammenarbeit», schwärmte Rummenigge über den künftigen Dirigenten in der Münchner Fußball-Arena. Ancelotti lernt schon fleißig Deutsch.

 

Bei ihrem Ex-Kollegen Toni Kroos, der bei Real Madrid mit Ancelotti zusammenarbeitete, können sich die Bayern-Profis über ihren neuen Chef schlaumachen. «Er konnte die Erfolgsbedingungen am besten mixen: die taktische Idee, das Menschliche, was gerade bei Real Madrid nicht so einfach ist», sagte Kroos kürzlich in einem «Zeit»-Interview.

 

Von Guardiola gab es am Wochenende kein Wort, warum er seine Mission in München nicht über das Saisonende hinaus verlängern wollte. Er verwies vor der Abreise aus Hannover erneut auf Rummenigge, mit dem ursprünglich mal ein finales Gespräch nach dem letzten Hinrundenspiel vereinbart gewesen war. Intern war aber längst alles geklärt. Offen blieb nur eine Frage: Was macht Guardiola im Sommer? Beim 44-Jährigen wird über einen Wechsel nach England spekuliert. Favorisiert als neuer Arbeitgeber wird der steinreiche Scheich-Club Manchester City.

 

Der Katalane hatte nach seinem letzten Hinrundenspiel mit den Bayern nur ein kurzes sportliches Fazit gezogen: «Wir sind ein bisschen müde. Wir konnten nicht rotieren.» Am 4. Januar 2016 (DPA)