Obfrau im NSU-Ausschuss: Zschäpe-Aussage ist schlechter Witz

«Sie hat nur zu Dingen ausgesagt, die ohnehin schon bekannt waren und diese mit Nebensächlichkeiten angereichert», sagt Grünen-Obfrau Irene Mihalic. Foto: Maurizio Gambarini/Archiv
«Sie hat nur zu Dingen ausgesagt, die ohnehin schon bekannt waren und diese mit Nebensächlichkeiten angereichert», sagt Grünen-Obfrau Irene Mihalic. Foto: Maurizio Gambarini/Archiv

Im neuen NSU-Ausschuss des Bundestages gibt es große Zweifel an der Erklärung der mutmaßlichen Rechtsterroristin Beate Zschäpe. «Nach vier Jahren sind Zschäpes Aussagen ein schlechter Witz», sagte die Grünen-Obfrau Irene Mihalic. «Sie hat nur zu Dingen ausgesagt, die ohnehin schon bekannt waren und diese mit Nebensächlichkeiten angereichert.» Mihalic betonte: «Dass Zschäpe an den Taten angeblich weder beteiligt war noch Kenntnisse im Vorfeld hatte, ist für mich völlig unglaubwürdig.» Sie gehe nach wie vor davon aus, dass Zschäpe von Anfang an Teil des Terrornetzwerkes NSU gewesen sei.

Zschäpe hatte sich Ende 2011 der Polizei gestellt und steht seit Mai 2013 in München vor Gericht. Am Mittwoch hatte sie ihr Schweigen gebrochen und eine lange Aussage verlesen lassen. Darin bestritt sie jede Beteiligung an den zehn Morden und zwei Sprengstoffanschlägen des «Nationalsozialistischen Untergrunds» (NSU). Sie will nicht mal Mitglied der rechten Gruppe gewesen sein.


Mihalic sagte, Zschäpes Aussage trage nicht zur Aufklärung bei. Die Obleute im neuen NSU-Ausschuss fühlten sich daher völlig in dem Untersuchungsauftrag bestätigt, das rechte Terrornetzwerk in den Fokus zu nehmen, in dem Zschäpe und ihre mutmaßlichen Komplizen agiert hätten.


Der zweite NSU-Ausschuss im Bundestag zum Ermittlungsdesaster in dem Fall hatte Ende November seine Arbeit aufgenommen. Ein erster NSU-Untersuchungsausschuss hatte im August 2013 seinen Abschlussbericht vorgelegt. Wegen vieler offener Fragen gibt es nun eine Neuauflage.


Die stellvertretende Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion, Eva Högl, geht davon aus, dass die Aussage Zschäpe eher geschadet hat. «Ich frage mich, was das für eine Strategie der Anwälte ist, wenn Zschäpe nicht irgendetwas vorträgt, was sie maßgeblich entlastet», sagte sie der «Frankfurter Rundschau» (Donnerstag). «Es wäre für die Angeklagte besser gewesen, zu schweigen. Denn jetzt kann alles zu ihrem Nachteil ausgelegt werden, wozu sie sich bisher nicht geäußert hat.»


Die Ombudsfrau der Bundesregierung für die Familien der NSU-Opfer, Barbara John, sieht große Widersprüche in der Erklärung Zschäpes. «Beate Zschäpe hat nicht nur alles abgestritten, sondern sich quasi als elftes Opfer des Terrors dargestellt. Sie hat von sich das Bild einer Frau gezeichnet, die psychisch an ihre Freunde Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos gekettet war. Diese Aussage widerspricht vielem, was wir bisher im NSU-Prozess gehört haben», sagte John den «Ruhr Nachrichten».


Im Deutschlandradio Kultur sagte John, mit ihrer Erklärung habe Zschäpe indirekt ihre Mittäterschaft an den NSU-Morden bestätigt. Ihre Erklärung, sie fühle sich moralisch schuldig, dass sie nicht in der Lage war, auf Mundlos und Böhnhardt einzuwirken, unschuldige Menschen nicht zu verletzen und zu töten, bedeute im Umkehrschluss, dass durch Zschäpe alles hätte verhindert werden können.


Im «Kölner Stadt-Anzeiger» (Online-Ausgabe) riet John Zschäpe, Fragen der Opferfamilien persönlich zu beantworten. Sie schließe aber aus, dass Zschäpe dies machen werde, sagte sie. (DPA)