Europäische Finanzsteuer vorerst gescheitert

Seit Jahren wird üer eine europäische Steuer auf Finanztransaktionen gestritten. Foto: Oliver Berg
Seit Jahren wird üer eine europäische Steuer auf Finanztransaktionen gestritten. Foto: Oliver Berg

Deutschland, Frankreich und europäische Partner sind mit dem Vorhaben einer gemeinsamen Finanzsteuer zunächst gescheitert. Es gebe zwar eine grundsätzliche Verständigung über Eckpunkte einer solchen Abgabe, sagte der österreichische Finanzminister Hans Jörg Schelling nach zweitägigen Verhandlungen. Offen sei aber noch die Höhe der Steuersätze. «Ziel ist jetzt, dass alle offenen Fragen im ersten Halbjahr 2016 geklärt werden», sagte Schelling in Brüssel.

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) fügte hinzu, seine Skepsis habe sich bestätigt. «Wir sind noch nicht so weit.» Erwartungen dürften nicht überspannt werden. Noch in der Nacht zum Dienstag hatte der verantwortliche EU-Kommissar Pierre Moscovici gesagt, bis zu einer Einigung seien es nur noch «einige Zentimeter».


Eine Gruppe von elf EU-Staaten verhandelt seit Jahren über die Steuer. Estland zieht aber vorerst nicht mehr mit, so dass zehn Länder übrigbleiben. Bislang hatten die Ressortchefs angestrebt, die Steuer bis 2016 einzuführen. Die geplante Abgabe funktioniert wie eine Mehrwertsteuer auf den Handel mit Bank- und Börsenprodukten. Dazu zählen etwa Aktien oder spekulative Papiere.


Nach den Plänen der Gruppe soll der Handel mit Aktien und Derivaten besteuert werden. Derivate sind Finanzinstrumente, deren Kurs sich aus anderen Werten wie Aktien oder Währungen ableitet. Bei Derivaten strebt die Gruppe einen niedrigen Steuersatz an.


Die deutschen Wirtschaftsverbände stellen sich gegen die Finanzsteuer. Sie könne sich negativ auf Wachstum, Beschäftigung und Altersvorsorge auswirken, teilten sie in Berlin mit. Sie rieten dazu, das Projekt einzustellen. Zu ihnen gehören unter anderen der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) oder der Bundesverband deutscher Banken. Der Bundesverband der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken (BVR) forderte ebenfalls einen endgültigen Abbruch der Verhandlungen.


Die Minister aller 28 Staaten sprachen darüber, wie die Finanzströme des internationalen Terrorismus eingedämmt werden können. Laut Schäuble geht es vor allem darum, nicht über Banken laufende Zahlungen besser zu kontrollieren. «Das ist zunächst einmal der Bargeldverkehr. Das sind die Prepaid-Karten, das ist auch zunehmend Zahlungsverkehr in künstlichen Währungen...». Eine digitale Währung ist beispielsweise Bitcoin.


Der Minister nannte auch den illegalen Handel mit Kunst und Antiquitäten, der eine wichtige Finanzierungsquelle des Terrornetzwerkes Islamischer Staat (IS) sei. Der französische Ressortchef Michel Sapin sagte: «Es gibt eine wirkliche Bereitschaft, schnell voranzugehen.»


In einer Debatte über den umstrittenen gemeinschaftlichen Schutz von Spargeldern drückte Schäuble auf die Bremse. Zunächst müssten die Risiken in der Bankenbranche vermindert werden, «bevor wir Schritte in Richtung von mehr Vergemeinschaftung gehen». Die Kommission hatte vorgeschlagen, dass EU-Banken von 2017 an schrittweise in einen gemeinsamen Topf einzahlen, der die Ersparnisse von Kunden im Fall einer Bankenpleite europaweit absichert. In der EU werden noch zähe Debatten erwartet.


Die Minister einigten sich darauf, dass beim Aufbau eines neuen Notfall-Topfs für Pleitebanken in einer Übergangsphase letztlich die teilnehmenden Staaten dafür haften. Dieser Topf wird mit Bankengeldern aufgebaut und soll am Ende einen Umfang von 55 Milliarden Euro haben. Ziel ist, Steuerzahler vor weiteren Lasten aus Bankenpleiten zu schützen. (DPA)