Manche Menschen sprechen mit ihren Pflanzen, andere streicheln sie und wieder andere spielen ihnen sogar Musik vor. Dadurch sollen die Pflanzen schneller und gesünder wachsen. Wirklich bewiesen ist das nicht, trotzdem glauben viele Deutsche an die positive Wirkung ihrer Pflanzenkommunikation. In New York gehen die Menschen noch einen Schritt weiter. Dort sind die Bäume demnächst sogar digital erreichbar. Wer in New York mit einem Baum aus seiner Nachbarschaft in Kontakt bleiben möchte, kann dies bequem per E-Mail tun. Demnächst sollen 200 der insgesamt 592.130 Bäume in der nordamerikanischen Metropole testweise eine eigene Kontaktadresse erhalten und an den digitalen Briefverkehr angeschlossen werden. Bewährt sich das System, erhalten auch die restlichen Bäume einen digitalen Briefkasten und sind fortan für das digitale Zeitalter gewappnet.
Auch wenn diese Idee auf den ersten Blick absurd wirkt, steckt doch ein ernster Gedanke dahinter.
Neben Liebesbriefen und Scherznachrichten an die pflanzlichen Bewohner New Yorks sollen die E-Mail-Adressen auch dazu genutzt werden, Schäden an den Bäumen oder ihrer näheren Umgebung zu melden. Die ankommenden E-Mails werden gebündelt und von Mitarbeitern der Stadt gelesen. Anschließend geben diese die Meldungen an die zuständigen Stellen weiter. Auf diese Weise können Schadensmeldungen oder Beschwerden schnell und effektiv bearbeitet werden. Denkbar wäre ein solches System auch in Stuttgart. Schließlich könnten auch hierzulande die öffentlichen Dienste schneller und effektiver arbeiten, wenn sie Schadensmeldungen und Beschwerden mit spezifischen Ortsangaben erhielten. Erhielte jeder Stadtbaum eine eigene Webmail-Adresse, könnten die öffentlichen Dienste mobil auf die eintreffenden E-Mails zugreifen und somit direkt reagieren. Momentan müssen sie sich bei solchen Angaben noch auf mitunter ungenaue Beschreibungen und Ortsangaben verlassen.
Diese Idee ist nicht neu. Im australischen Melbourne erhalten die Bäume bereits seit Anfang des Jahres Liebesbriefe aus aller Welt. Alle 70.000 Bäume der Stadt besitzen eine eigene E-Mail-Adresse und sind über eine interaktive Stadtkarte erreichbar. Neben Schadensmeldungen verfassen die Bewohner Melbournes allerdings auch eine Vielzahl an kleinen Liebeserklärungen an ihre schattenspendenden Stadtbäume. Darunter befinden sich Nachrichten wie "Hallo, Moreton Bay Fig, ich hoffe, Du magst den Sommer, und es ist nicht zu heiß für Dich" oder "Ich wollte nur kurz danke sagen, dass Du ein so fantastischer Baum bist." Einige besonders emotionale oder originelle Baum-Mails werden von den Mitarbeitern der Stadtbehörde beantwortet. Wer einmal einem Melbourner Baum schreibt, könnte somit eine solche Nachricht als Antwort erhalten: "Danke, lieber Oliver, für Deine lieben Worte. Es geht mir gut. Einen schönen Tag wünscht dir Baum Nummer 1441724."
Szenario 7