Ein deutlicher Rüffel des Ligaverbands, ein kleinlauter FC St. Pauli und vor allem: kein Ergebnis. Das ist alles, was am Mittwoch von einer tagelangen hitzigen Diskussion über die künftige Verteilung der Fernsehgelder im deutschen Profifußball übrig blieb. Ob die TV-Einnahmen auch in der Zukunft zentral verteilt werden oder ob die Solidarität unter den Vereinen der 1. und 2. Bundesliga ernsthaft in Gefahr ist - darüber soll erst dann weiter diskutiert werden, wenn der neue Fernseh-vertrag im kommenden Jahr tatsächlich abgeschlossen ist.
Bis dahin mögen sich die Vertreter der Clubs doch bitte «diszipliniert äußern», mahnte Ligapräsident Reinhard Rauball nach einer mehr als dreistündigen Versammlung der 36 Proficlubs in Frankfurt am Main. «Es ist unerlässlich, dass bei diesem Thema Ruhe einkehrt.» Auch Christian Seifert, Geschäftsführer der Deutschen Fußball Liga (DFL), watschte Protagonisten wie Bayern Münchens Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge oder St. Paulis Geschäftsführer Andreas Rettig ungewohnt deutlich ab. «Unsere Partner erwarten Verlässlichkeit und Sicherheit - und dass die Liga ein einheitliches Bild abgibt», sagte er. «Fernsehverträge werden nicht durch Interviews entschieden, sondern durch Ausschreibungen.»
Rummenigge selbst war am Mittwoch nicht einmal zugegen. Der deutsche Meister und Branchenführer aus München hatte seinen Finanzvorstand Jan-Christian Dreesen ins Frankfurter Marriott Hotel geschickt. Stärker als jeder andere Club hatten die Bayern zuletzt die Solidargemeinschaft der Vereine in Frage gestellt. Wenn in Zukunft mindestens eine Milliarde Euro pro Jahr für die Liga herausspringe und der FC Bayern dadurch wirtschaftlich weiter mithalten könne mit der internationalen Konkurrenz aus England und Spanien, dann wäre man auch bereit, die Fernsehrechte weiter zentral von der DFL vermarkten zu lassen. Falls nicht, müsse man das irgendwann in Eigenregie übernehmen - so lautete die im Raum stehende Drohung.
Rauball und Seifert entgegneten dem am Mittwoch, dass die DFL erst den neuen, ab 2017 gültigen Fernsehvertrag abschließen und danach die Diskussion über die Verteilung beginnen wolle. Das Konzept für diesen Vertrag liegt derzeit zur Prüfung beim Bundeskartellamt. Anfang 2016 soll dann die Ausschreibung, noch vor der EM im Frühsommer der Abschluss erfolgen. In dieser Saison werden insgesamt rund 850 Millionen Euro an die Vereine ausgeschüttet. Vom neuen Vertrag erhofft sich die DFL noch einmal eine deutliche Steigerung.
Rauball betonte nach der Versammlung: «Nur der Ligavorstand entscheidet über den Verteilerschlüssel.» Nicht die Mitgliederversammlung der 36 Clubs. Und Seifert machte deutlich, dass die DFL an dem Prinzip festhalten möchte, nach dem der Dachverband der Liga die Übertragungsrechte für alle Vereine zentral veräußert und die dabei erzielten Einnahmen anschließend nach einem festgelegten Schlüssel an alle verteilt.
«Das Wort Einzelvermarktung ist schnell ausgesprochen und aufgeschrieben», meinte Seifert. «Aber nicht umsonst wurde selbst in Spanien und Italien zuletzt auf sanften Druck der Regierungen die Zentralvermarktung eingeführt.» Der DFL-Boss setzt darauf, dass die Bundesliga künftig vor allem ihre internationale Vermarktung noch steigern kann. «Unsere Ticketpreise sind die niedrigsten, unser Pay-TV-Markt ist begrenzt und auch Investoren fühlen sich bei uns durch die 50+1-Regel vielleicht nicht so willkommen wie anderswo. Aber trotzdem sind wir schon jetzt von den Umsätzen her die zweitstärkste Liga in Europa.»
Über ein anderes brisantes Thema wurde zu diesem Zeitpunkt schon gar nicht mehr gesprochen. Denn der FC St. Pauli hatte seinen Antrag, konzern- oder investorengeführte Clubs wie Bayer Leverkusen, den VfL Wolfsburg oder 1899 Hoffenheim künftig von der Verteilung der TV-Gelder auszuschließen, schon vor der Versammlung zurückgezogen. «Es war nicht der richtige Zeitpunkt für diesen Antrag», erklärte Rettig. Man wolle die Ausschreibung des neuen TV-Vertrages nicht weiter stören.
Dass der Vorstoß seines Vereins solche hohen Wellen geschlagen hatte, schob Rettig einzig und allein den Medien und der öffentlichen Reaktion zu. «Es entstand der Eindruck, die Zentralvermarktung steht auf dem Prüfstand und die Solidarität unter den Vereinen infrage. Aber das war nur das, was daraus gemacht wurde», meinte er. «Unsere Intention war nie, dass die Zweite Liga jetzt einen Verteilungskampf eingeläutet hat. Unsere Intention war allein, die 50+1-Regel zu stärken.»
Den Vorstoß begraben möchte Rettig trotzdem nicht. «Wir vertrauen darauf, dass die Gremien sich weiter mit diesem Thema beschäftigen», meinte er. Anzeichen dafür gibt es aber keine, denn Seifert kritisierte seinen früheren Geschäftsführer-Kollegen bei der DFL unmissverständlich: «Die Diskussionen war äußerst unglücklich und nicht besonders schlau.» (DPA)