Wo verläuft die Grenze zur Irreführung des Verbrauchers auf einer Verpackung? Diese Frage prüft seit Mittwoch der Bundesgerichtshof (BGH) anhand eines Tees. Die Karlsruher Richter müssen entscheiden, ob es ausreicht, wenn die Zutaten zwar genau aufgeführt sind, die Aufmachung der Verpackung aber etwas ganz anderes suggeriert (I ZR 45/13). In dem Rechtsstreit geht es um den - schon 2012 aus den Regalen genommenen - Früchtetee «Felix Himbeer-Vanille Abenteuer» des Marktführers Teekanne.
Auf der knallroten Verpackung waren neben dem beliebten Kinderbuch-Hasen auf einem Skateboard am Rand groß Himbeeren sowie eine Vanilleblüte abgebildet - und auch der Hinweis, dass in dem Tee «nur natürliche Zutaten» sind. Im Tee selbst waren zwar unter anderem Hibiskus, Äpfel und Hagebutten, allerdings nicht mal Spuren von echten Himbeeren und Vanille.
Der Verbraucherzentrale Bundesverband klagte wegen Irreführung des Verbrauchers und bekam beim Europäischen Gerichtshof (EuGH) im Juni grundsätzlich recht (Rechtssache C 195/14): Hersteller dürfen demnach auf der Verpackung nicht mit Bildern von Zutaten werben, die gar nicht im Produkt enthalten sind.
Ob dies konkret für den Fall des beanstandeten Tees gilt, muss nun der BGH prüfen. Mit einem BGH-Urteil wurde noch am Mittwoch gerechnet.
Bei der mündlichen Verhandlung in Karlsruhe verwiesen die Anwälte der Firma Teekanne darauf, dass aus der Zutatenliste auf der Verpackung eindeutig hervorgegangen sei, dass es lediglich um den Geschmack von Himbeer und Vanille ging und dass es sich um zugesetztes Aroma gehandelt habe. «Der aromatisierte Kräutertee ist der Normalfall», so deren Anwältin. Es sei weder über die Art und Zusammensetzung des Lebensmittels getäuscht, noch sei etwas imitiert worden. «Der Tee wurde stets so auf den Markt gebracht.»
Der Anwalt der Verbraucherzentrale sah hingegen eine «klare Irreführung». Die Kombination von Bildern mit Früchten und dem ausdrücklichen Hinweis auf die «natürlichen Zutaten» müsse beim Verbraucher den Eindruck erwecken, dass der Tee aus den abgebildeten Naturprodukten bestehe - und nicht aus «natürlichen Aromen mit Himbeer- und Vanillegeschmack», die laut Verbraucherschützern aus Rohstoffen wie Holzspänen gewonnen werden.
Der BGH muss nun prüfen, ob der Durchschnittsverbraucher wirklich erkennen kann, was er in den Einkaufswagen legt. Aus Sicht des Vorsitzenden Richters Wolfgang Büscher ist es jedenfalls «nicht zwingend», dass der Kunde schon im Laden genau die Angaben auf der Unterseite einer Teeverpackung studiert. Auch hatten die höchsten deutschen Zivilrichter schon im Februar 2014 im selben Fall klar gemacht, dass aus ihrer Sicht die Aufmachung suggeriert habe, dass Himbeeren oder Vanille oder Aromen von diesen in dem Tee seien. (DPA)