Was hilft gegen Wohnungsnot? Stuttgart entscheidet über Regelung

Stuttgart will bald Eigentümer zur Vermietung leerer Wohnungen zwingen. Foto: Jens Kalaene/Archiv
Stuttgart will bald Eigentümer zur Vermietung leerer Wohnungen zwingen. Foto: Jens Kalaene/Archiv

Im Kampf gegen Wohnungsnot will Stuttgart künftig Hausbesitzer per Satzung zur Vermietung grundlos leerstehender Wohnungen zwingen. An diesem Donnerstag stimmt der Gemeinderat der Landeshauptstadt darüber ab, ob beispielsweise auch ein Bußgeld verhängt werden kann. Das sogenannte Zweckentfremdungsverbot soll Abhilfe bei der Wohnungsnot schaffen und verhindern, dass Wohnungen länger als sechs Monate leerstehen oder etwa illegal als Ferien-wohnungen vermietet werden.

Notfalls kann auch ein Bußgeld von bis zu 50 000 Euro fällig werden. Eine Zustimmung zur neuen Regelung zeichnet sich im Gemeinderat ab: Vergangene Woche hatte sich im Ausschuss für Wirtschaft und Wohnen bereits eine Mehrheit für den Entwurf ausgesprochen.


Stuttgart verspricht sich davon nach Angaben eines Sprechers, aus einem Leerstand von bis zu 3100 Wohnungen «mehrere hundert» wieder in den freien Wohnungsmarkt zu bringen. «Sie sollen allen Bürgern zugutekommen», hieß es. Mit dem Zustrom von Flüchtlingen habe der Vorstoß nichts zu tun.


Das bekräftigte auch das für Wohnungspolitik zuständige Wirtschaftsministerium sowie eine Sprecherin der Stadt Freiburg. Dort gibt es bereits seit Februar vergangenen Jahres ein Zweckentfremdungsverbot - «lange bevor sich die Situation mit den Flüchtlingen zuspitzte», sagte die Sprecherin. Die Regelung lohne sich aber generell als wohnungspolitisches Instrument. Bußgelder seien in Freiburg, einer Stadt mit ohnehin extrem geringem Leerstand, aber noch nicht verhängt worden.


Auch in Konstanz gibt es seit März 2015 ein solches Verbot. Es sei aber nicht mit Bezug auf die Flüchtlinge erlassen worden, sondern um generell gegen die Wohnungsnot in der Studentenstadt anzugehen, sagte ein Sprecher. Seitdem habe sich auch einiges getan: Mit Stand Oktober seien 23 leerstehende Objekte mit 52 Wohnungen ermittelt worden. In vier Fällen mit insgesamt 12 Wohnungen stehe man vor dem «Erlass von Instandsetzungsanordnungen» - das heißt, die Besitzer müssen die Wohnungen wieder herrichten. Elf Fälle würden noch bearbeitet. Die Stadt hat auf ihrer Webseite zudem eine E-Mail-Adresse eingerichtet, unter der leerstehende Wohnungen gemeldet werden können. Bislang seien rund 100 Hinweise eingegangen, sagte der Sprecher.


Flüchtlinge und Zweckentfremdungsverbot hängen momentan zusammen, sagte hingegen eine Sprecherin des Gemeindetages in Stuttgart: «Die beiden Sachverhalte zu entkoppeln ist in der derzeitigen Situation nicht realistisch.» Betroffene Wohnungseigentümer könnte es zusätzlich verärgern, wenn sie den Eindruck hätten, ihre Wohnung wegen der hohen Flüchtlingszahlen vermieten zu müssen. Außerdem sei die Regelung als Eingriff in das Eigentumsrecht zu kritisieren.


In Stuttgart sollen sich zwei zusätzliche Mitarbeiter im Bauamt künftig um die Umsetzung des Zweckentfremdungsverbotes kümmern: Dafür würden Internetseiten durchsucht, auf denen Ferienwohnungen angeboten würden, sowie werde auf Hinweise aus der Bevölkerung reagiert. «Meist ist das Verfahren sehr langwierig», sagte die Freiburger Stadtsprecherin. Erst müsse der Eigentümer ausfindig gemacht, dann angeschrieben, dann angehört werden: «Das kann Monate dauern.»


Ein Zweckentfremdungsverbot dürfte nach Einschätzung von Gerhard Mauch vom Städtetag nur dort sinnvoll sein, wo ein ganz besonderer Druck auf den Wohnungsmarkt herrscht. «Das ist allenfalls bei einem Bruchteil der Städte Baden-Württembergs der Fall.» (DPA/LSW)