Bis Mitte 2016 soll jeder Flüchtling im Südwesten mit Bleibeperspektive einen «Kompetenzpass» erhalten. Darin soll festgehalten werden, welche Tätigkeiten der Schutzsuchende ausgeübt und welches Know-how er hat, wie der Landeschef der Bundesagentur für Arbeit, Christian Rauch, am Montag erläuterte: «Die Herausforderung wird sein, zu erfahren, was kann der Mensch.» Ziel sei eine schnelle und passgenaue Integration in Arbeitsmarkt oder Ausbildung. Die Angaben der Asylbewerber sollen entweder im Drehkreuz Heidelberg sowie in den vorläufigen Unterkünften oder bei Gesprächen in den Jobcentern vor Ort erhoben werden, sagte Rauch nach einem Treffen der Allianz für Fachkräfte von Land, Arbeitgebern und Gewerkschaften in Stuttgart.
Zu oft noch versickerten an mehreren Stellen aufgenommene Informationen über die beruflichen Erfahrungen der Flüchtlinge. Dies müsse sich ändern.
Nach Erkenntnissen von Arbeitsmarktexperten haben 80 Prozent der Asylbewerber keine formale Berufsqualifikation. Das heiße aber nicht, dass sie völlig ohne Qualifizierung ins Land kommen, sagte Rauch. Denn viele hätten auf der Flucht Dokumente verloren. Und in ihren Heimatländern sei die nur in Deutschland, Österreich und der Schweiz praktizierte Duale Bildung unbekannt.
Dass der formale Berufsabschluss nicht unbedingt ein Hemmnis für die Aufnahme einer qualifizierten Tätigkeit ist, zeigt die Bilanz für Menschen aus Syrien, Irak, Afghanistan, Eritrea und Somalia, die bereits in Baden-Württemberg arbeiten: Von ihnen haben den Angaben zufolge nur gut 20 Prozent einen anerkannten Berufsabschluss, doch gut 46 Prozent arbeiten als Fachkraft.
Im März 2015 waren 4800 Menschen aus diesen fünf Ländern regulär beschäftigt; die Zahl der Arbeitslosen lag in diesem Oktober bei fast 5000. Wirtschaftsminister Nils Schmid (SPD) sagte: «Neben den inländischen Arbeitslosen ist dies das Potenzial, das wir heben müssen.» Die meisten Flüchtlinge seien jung und motiviert, bei den anerkannten bestehe für die Arbeitgeber weitgehende Rechts- und Planungssicherheit.
Bedarf gibt es nach Angaben der Allianz in Handwerk, Gastronomie und IT-Berufen. Das Bündnis fordert in einer Erklärung ein erweitertes Angebot an Sprach- und Integrationskursen. Deutschkenntnisse seien Voraussetzung für erfolgreiche Integration. (DPA/LSW)