Ob arbeitslos oder einfach nur an einer beruflichen Verbesserung interessiert - selten zuvor hatten Jobsucher in Deutschland eine so große Auswahl an freien Stellen wie im Spätherbst. Nach Angaben der Bundesagentur für Arbeit (BA) kletterte die Zahl der offenen Stellen im November auf ein neues Rekordniveau. Die BA beruft sich dabei auf den monatlich ermittelten Stellenindex BA-X; dieser war im November auf den neuen Rekordwert von 206 Punkten geklettert - und damit vier Punkte höher als im Oktober.
Als Beschäftigungstreiber erweist sich auch die Zuwanderung von Flüchtlingen. So sei die stark gestiegene Nachfrage nach Wach- und Sicherheitspersonal, bei Sozialdiensten und der öffentlichen Verwaltung auffällig. «Dieser Zuwachs dürfte vor allem mit dem hohen Bedarf an Arbeitskräften im Umfeld des Flüchtlingsmanagement zusammenhängen», betont die Bundesagentur.
Freie Stellen gebe es außerdem im Handel, im Gesundheits- und Sozialwesen, aber auch in der Industrie sowie bei Anwälten, Unternehmensberatern, Werbeagenturen und Marketingexperten. Ein Drittel der angebotenen freien Stellen haben wie schon in den Vormonaten Leiharbeitsunternehmen gemeldet.
Auch Volkswirte deutscher Banken schätzen den deutschen Arbeitsmarkt derzeit stabil ein. Die Ökonomen gehen für November im Vergleich zum Vormonat von einem leichten Rückgang der Arbeitslosigkeit um rund 10 000 auf 2,64 Millionen aus.
Dies wären knapp 80 000 weniger als vor einem Jahr. Nach Einschätzung von Allianz-Ökonom Rolf Schneider hat der Arbeitsmarkt im November von dem wohl wieder etwas stärkeren Wirtschaftswachstum im vierten Quartal 2015 profitiert.
Die offiziellen Arbeitslosenzahlen gibt die Bundesagentur an diesem Dienstag in Nürnberg bekannt.
Unklar ist noch, wie schnell sich die Flüchtlingszuwanderung negativ auf den Arbeitsmarkt auswirken wird. Möglicherweise werde sie erst im Jahr 2017 zu stärker steigenden Arbeitslosenzahlen führen, prognostizieren einige Fachleute. Zwar werde im kommenden Jahr die Erwerbslosenzahl auf jeden Fall steigen, womöglich werde der Anstieg aber geringer ausfallen als zunächst erwartet wurde.
Zur Begründung verweisen die Bankökonomen auf die schleppenden Asylverfahren. «Viele Verfahren werden noch eine Weile laufen. Daher ist es derzeit schwer zu sagen, wann die erste Welle von arbeitssuchenden Flüchtlingen bei den Jobcentern zu erwarten ist», meint etwa Commerzbank-Ökonom Eckart Tuchtfeld. So geht Allianz-Volkswirt Schneider für 2016 im Jahresschnitt lediglich von einem Anstieg der Arbeitslosigkeit um 50 000 aus, Tuchtfeld sogar nur von 40 000. (DPA)