Die von Union und SPD angestrebte Verschärfung des Asylrechts droht erneut zu scheitern. Forderungen der SPD für ein zweites Asylpaket stoßen bei CDU/CSU auf Ablehnung. Die bis Dienstag geplante Einigung wird damit immer schwieriger. Umstritten ist vor allem die von der SPD vorgeschlagene Verbesserung medizinischer Hilfen für schwangere, minderjährige sowie behinderte Asylbewerber. Uneins ist die Koalition auch beim Familiennachzug. Unions-Fraktionschef Volker Kauder (CDU) wies die SPD-Forderungen für ein zweites Asylpaket zurück:
«Die SPD hat nach dem Konsens der drei Parteivorsitzenden nachgelegt. So kann nicht gearbeitet werden», sagte er der «Rheinischen Post» (Samstag).
In der Unionsfraktion wird dem Vernehmen nach mit Unverständnis auf die zusätzlichen Forderungen der SPD reagiert. Es gebe keinerlei Hinweise, dass in der Praxis die besonderen Bedürfnisse von Schwangeren, Minderjährigen und Behinderten nicht beachtet würden.
Laut «Bild»-Zeitung gerät der Zeitplan für das Asylpaket ins Wanken, sollte bis zum kommenden Dienstag keine Einigung zwischen Parteien und Fraktionen zustande kommen. Der Entwurf solle an diesem Tag parallel im Bundeskabinett und in die Fraktionen der Koalition eingebracht werden, um die Verabschiedung in Bundestag und Bundesrat noch vor Jahresende zu gewährleisten.
Ungeklärt sei nach wie vor, wie die Beschränkung des Familiennachzugs für Asylbewerber rechtlich geregelt werden könne. Strittig ist laut «Bild» auch die Umsetzung der vereinbarten Beteiligung von Flüchtlingen an den Kosten für Deutschkurse.
Die SPD fordere einen «Solidarbeitrag» von monatlich zehn Euro, den auch solche Asylbewerber zahlen sollten, die keinen Sprachkurs besuchen. Die Union wolle dagegen Unterrichtsstunden einzeln berechnen mit 60 Cent pro Unterrichtseinheit beziehungsweise 36 Euro im Monat. Das Geld sollen allerdings nur jene Flüchtlinge zahlen, die tatsächlich an einem Deutschkurs teilnehmen.
Die CDU pocht insgesamt auf eine Integrationsverpflichtung für Migranten. Diese sollen den «Grundwertekatalog» anerkennen und sich unter anderem zum Existenzrecht Israels bekennen. Diese Vereinbarung zwischen Staat und Migranten will die CDU laut «Spiegel» und «Focus» auf ihrem Bundesparteitag Mitte Dezember beschließen.
Dem «Spiegel» zufolge sollen sich Migranten auch verpflichten, die Gleichberechtigung von Mann und Frau und den Vorrang der deutschen Gesetze vor der Scharia anzuerkennen. Diskriminierung von Frauen, Homosexuellen und Andersgläubigen dürfe nicht als Ausdruck religiöser Vielfalt akzeptiert werden. Bei Verstößen könnten Sozialleistungen gekürzt oder der Aufenthaltsstatus geändert werden.
Die Sozialdemokraten wollen nach einem Bericht des «Spiegel» in der kommenden Woche ein eigenes Integrationskonzept präsentieren, das zusätzliche Milliarden für Bildung vorsehe. Das Papier der Ministerinnen Andrea Nahles (Arbeit), Manuela Schwesig (Familie) und Barbara Hendricks (Bau) sieht demnach unter anderem eine Aufhebung des Kooperationsverbots vor, das Finanzhilfen des Bundes im Schul- und Kita-Bereich untersagt. Im Bundesarbeitsministerium gebe es auch Überlegungen, die sogenannten Ein-Euro-Jobs stärker zur Integration von Flüchtlingen in Beschäftigung zu nutzen.
Industrie-Präsident Ulrich Grillo forderte weniger Hürden für eine Beschäftigung von Flüchtlingen. «Die Vorrangprüfung gehört abgeschafft, weil sie eine zügige Integration in den Arbeitsmarkt verhindert», sagte er der «Westdeutschen Allgemeinen Zeitung» (Samstag). Ausnahmen für Flüchtlinge beim Mindestlohn lehnte er ab. (DPA)