Greifswald (dpa) – Die Blauzungenkrankheit, an der zwischen 2006 und 2008 deutschlandweit Tausende Rinder starben, ist wieder auf dem Vormarsch. Die Blauzungenkrankheit des Serotyps 4 habe sich von Asien, über die Türkei und den Balkan ausgebreitet und sei inzwischen auch in Österreich festgestellt worden, sagte der Präsident des Friedrich-Loeffler-Instituts (FLI), Thomas C. Mettenleiter. Die Erkrankung befällt Wiederkäuer wie Rinder und Schafe. Für den Menschen ist sie ungefährlich.
Nach Angaben von Mettenleiter sind vor kurzem in Frankreich auch wieder Fälle des Serotyps 8 festgestellt geworden. Der Serotyp 8 des Erregers hatte in Deutschland rund 27 000 Bestände befallen, enorme volkswirtschaftliche Schäden verursacht und konnte mit der 2008 begonnenen Impfung Hunderttausender Rinder bekämpft werden. Seit November 2009 war kein neuer Fall in Deutschland aufgetaucht. Zu den Symptomen bei schweren Verläufen zählen bei Rindern unter anderem eine geschwollene, blaue Zunge und Atemprobleme.
Die Blauzungenkrankheit wird durch Gnitzen – kleine blutsaugende Mücken - übertragen. «Wir haben zum Glück eine Jahreszeit, die nicht sehr vektorenintensiv ist. Aber wir müssen darauf vorbereitet sein, dass sich diese Ausbreitungstendenz fortsetzt.» Vektoren sind Überträger von Krankheitserregern. Sie transportieren einen Erreger vom Wirt auf einen anderen Organismus, ohne selbst zu erkranken
Das FLI als Bundesforschungsinstitut für Tiergesundheit arbeitet nach den Worten von Mettenleiter derzeit an einer aktualisierten Risikobewertung. Diese könne möglicherweise in der Empfehlung enden, dass Wiederkäuer wieder geimpft werden sollten.
Die Fachleute vom FLI, das in Greifswald auf der Ostseeinsel Riems seinen Sitz hat, informieren bis Freitag auf einer Tagung rund 180 Tierseuchendiagnostiker und Veterinäre aus den für die Bundesländer zuständigen Stellen über aktuelle Entwicklungen. Im Fokus stehen neben der Blauzungenkrankheit die Afrikanische Schweinepest und die Vogelgrippe, aber auch neue Seuchen wie PED (eine Durchfallerkrankung bei Schweinen) oder ein neu entdecktes Bornavirus bei Bunthörnchen.
Die Afrikanische Schweinpest, die vermutlich 2007 aus Afrika nach Georgien eingeschleppt worden ist und sich von dort nach Russland ausgebreitet hatte, war Anfang 2014 erstmals in den baltischen Staaten und Polen nachgewiesen worden. Für Wild- und Hauschweine ist das Virus oft tödlich. Bislang gibt es keinen Impfstoff.
Der Erreger hat sich nach FLI-Angaben im Grenzgebiet zwischen Polen und Weißrussland festgesetzt. In den baltischen Ländern gebe es eine dynamischere Entwicklung. Im Baltikum und Polen wurden in diesem Jahr bislang 1267 Wild- und 42 Hausschweine positiv auf Afrikanische Schweinepest getestet, im vergangenen Jahr waren es 264 Wild- und 40 Hausschweine. Eine Ausbreitung in Richtung Mitteleuropa sei derzeit jedoch nicht feststellbar, sagte Mettenleiter. (DPA)