Ob Sonne, Regen oder Frost: Der Erfolg der Winzer ist zu einem großen Teil vom Wettergott abhängig. Und der meinte es in diesem Jahr gut mit ihnen - meist zumindest. In den Sommermonaten zeigte das Thermometer oft bis zu 40 Grad an. In allen 13 Anbaugebieten Deutschlands klagten Winzer über die Trockenheit. Doch dann kam im August und September vereinzelt leichter Regen, rund um die Erntezeit wurde es vielerorts windig und kühler. Herausgekommen sind fruchtige, aromatische Trauben, von denen Experten begeistert sind. Dafür liegt die Menge lediglich im Durchschnitt.
«Einen solchen Top-Gesundheitszustand bei diesen Reifegraden haben wir seit Jahren nicht mehr gehabt», sagt der Sprecher des Deutschen Weininstituts, Ernst Büscher. In diesem Jahr seien wirklich alle zufrieden, vom Bodensee bis zur Ahr, ergänzt der Präsident des Verbandes der Deutschen Prädikatsweingüter (VDP), Steffen Christmann.
Die Beeren überzeugten mit «einer tollen Frische und Säure». Als legendär gelten die Jahrgänge aus dem Rekordsommer 2003, aus 1976 und 1959. Ob 2015 da heranreicht, könne man aber nur vermuten, so Büscher. In den nördlichen Gebieten wie etwa der Mosel wurden die letzten Trauben erst Anfang November eingebracht.
Kleines Manko in diesem Jahr: Der Ertrag ist nicht außerordentlich hoch. Die geschätzten Mengen liegen laut Deutschem Weininstitut bundesweit mit neun Millionen Hektoliter in etwa auf dem Niveau des zehnjährigen Mittels. Vor der Ernte und auch noch zum Start der Federweißenlese ging man wegen der Trockenheit noch von geringeren Erntemengen aus.
Vor allem die badischen Winzer rechneten vor dem Niederschlag noch mit großen Mengeneinbußen. Nun liegen sie mit 75 Hektoliter pro Hektar lediglich zehn Prozent niedriger als im vergangenen Jahr. «Während der Zellteilungsphase war es sehr trocken und das Volumen der Trauben wurde gedeckelt», sagt Peter Wohlfarth, Geschäftsführer beim Badischen Weinbauverband.
Weil der Regen sehr punktuell fiel, gab es auch innerhalb der Anbaugebiete große Unterschiede. Weitere Faktoren sind das Alter der Reben und und die Bodenbeschaffenheit. Denn bei dem trockenen Sommer waren vor allem alte Reben mit tiefen Wurzeln im Vorteil.
Winzer Georg Keth aus Offstein im Süden Rheinhessens hat besonders mit den leichten, sandigen Lehmböden zu kämpfen, in denen das Wasser schnell versickert. Er hilft sich mit der sogenannten Tröpfchenbewässerung weiter. «Wir geben nur so viel Wasser wie die Rebe braucht, nicht mehr und nicht weniger.» Der Akku im Boden werde immer leerer, sagt Keth. Die verstärkte Trockenheit beobachtet er seit Jahren.
«Zeitweise hat die Dürre auch alle Bange gemacht», sagt Maximilian Ferger, Önologe und Betriebsleiter vom Weingut Wwe. Dr. H. Thanisch - Erben Müller-Burggraef an der Mosel. Bei den Trauben und Winzern sei es wie bei Eltern und ihren Kindern. Bei der Dürre fingen die Kleinen an zu nölen.
«Einige Winzer haben dann direkt bewässert. Ich nicht. Die Gefahr ist nämlich, dass sich die Trauben daran gewöhnen und bei der nächsten Hitze eingehen.» Eine Lektion, an der der sich allzu nachgiebige Eltern ein Beispiel nehmen könnten.
In Sachsen läutete der Frost Ende Oktober die Schlussphase ein - doch das tat der Qualität keinen Abbruch. «Die Reife war in den Trauben bereits vorhanden», sagt der Vorstandsvorsitzende des Weinbauverbands Sachsen, Christoph Reiner. Die Weine seien aromatisch, fruchtig - «ein Wahnsinn dieses Jahr».
In Franken kam der erlösende Regen bereits im August. Der sei ausschlaggebend gewesen, für den «ganz, ganz großen Jahrgang», sagt Hermann Mengler von der Fachberatung für Kellerwirtschaft beim Bezirk Unterfranken. Insbesondere der Rotwein sei von einer überdurchschnittlichen Qualität, sagt auch der Präsident des Weinbauverbandes Rheinhessen, Ingo Steitz.
Trotz der gesteigerten Qualität sei nur vereinzelt mit Preiserhöhungen zu rechnen, glauben Experten in den Anbaugebieten. In Deutschland, dem größten Weinimportland der Welt, sei wegen der Konkurrenz aus dem Ausland der Preisdruck sehr hoch.
Erste Weine aus 2015 wurden bereits qualitätsgeprüft. Bis Weihnachten dürfte man sie auch häufiger in den Regalen finden. Dass die Besucher der Weihnachtsmärkte bereits Glühwein des 2015er Jahrgangs kosten können, wird allerdings eine Ausnahme sein.
Dafür diene noch der 2014er als Grundlage, der schon vor einigen Wochen mit Gewürzen zubereitet wurde, sagt Büscher. «Außerdem werden es die Glühweinstände bei diesen Temperaturen bestimmt schwer haben», meint Wohlfarth. «Eigentlich müssten wir Glühwein mit Eiswürfeln trinken.» (DPA)