Weltmeister wollen heim - «Sport total im Hintergrund»

Joachim Löw musste lange mit der deutschen Nationalmannschaft im Stade de France ausharren. Foto: Ian Langsdon
Joachim Löw musste lange mit der deutschen Nationalmannschaft im Stade de France ausharren. Foto: Ian Langsdon

Nach den Terroranschlägen in Paris mit mehr als hundert Toten ist der Deutsche Fußball-Bund bemüht, seine Nationalspieler und den Betreuerstab so schnell wie möglich aus Frankreich auszufliegen. «Wir müssen schauen, wie wir weiter vorgehen. Das Wohlbefinden in der Stadt ist nach dem heutigen Tag nicht besonders groß», sagte Teammanager Oliver Bierhoff nach dem überschatteten Länderspiel gegen den EM-Gastgeber am Freitagabend im Stade de France dem ARD-Hörfunk.

Bierhoff sprach von großer Betroffenheit. «Der Sport ist jetzt total im Hintergrund», sagte er. Die Mannschaft musste nach der mit 0:2 verlorenen Partie lange in den Stadion-Katakomben ausharren. In Kleinbussen wurden die Spieler schließlich am frühen Samstagmorgen zurück ins Teamhotel gebracht. Eine Fahrt mit dem Mannschaftsbus durch die Millionenstadt erschien aus Sicherheitsgründen nicht ratsam. Der Freitag hatte für die deutschen Weltmeister um Kapitän Bastian Schweinsteiger bereits nach einer Bombendrohung gegen das Teamhotel mit einem «großen Schrecken» (Bierhoff) begonnen.


Die DFB-Delegation stand nach den Anschlägen «in enger Kooperation» mit den einheimischen Behörden, dem französischen Fußball-Verband und den deutschen Sicherheitskräften vor Ort, sagte der DFB-Sicherheitsbeauftragte Hendrik Große Lefert in der ARD, die das Spiel live übertragen hatte.


Die deutschen Spieler seien «alle angespannt», berichtete Große Lefert. Erste Reaktionen von Akteuren gab es in der Nacht über die sozialen Netzwerke. «Was ist das für eine kranke Welt», schrieb Weltmeister Toni Kroos, der von Bundestrainer Joachim Löw zur Schonung nicht für die letzten zwei Länderspiele des Jahres nominiert worden war. Lukas Podolski schrieb «prayforparis» («Bete für Paris») neben einem Friedenszeichen, in das der Eiffelturm eingefügt war.


Während des Freundschaftsspiels waren in dem mit fast 80 000 Zuschauern gefüllten Endspielstadion für die Europameisterschaft 2016 drei Detonationen zu hören gewesen. Es gab dabei auch vier Tote, darunter nach Medienberichten auch Selbstmordattentäter.


«Es wird von Extremisten oder gewissen Personen die Möglichkeit gesucht, Aufmerksamkeit zu bekommen», sagte Bierhoff. Die Tore zur Arena waren während des Spiels zur Sicherheit vorübergehend geschlossen worden. «Wir sind alle erschüttert und schockiert», erklärte Bundestrainer Löw unmittelbar nach dem Spielende.


Das Team musste fast bis 2.00 Uhr in der Nacht im Stadion ausharren. Nach der Rückkehr ins Teamhotel blieb der weitere Verlauf der letzten Auslandsreise der Nationalmannschaft in diesem Jahr zunächst unklar. Ursprünglich sollte die DFB-Auswahl noch bis Sonntag in Paris bleiben und dann nach Hannover fliegen.


Dort ist am 17. November zum Jahresabschluss ein weiteres Testspiel gegen die Niederlande angesetzt. Ob diese Partie wie geplant stattfindet, war eine der vielen unbeantworteten Fragen in den ersten Stunden nach den Anschlägen, in denen das Entsetzen und die Trauer über die vielen Opfer auch im DFB-Quartier deutlich im Vordergrund standen.


Eine Delegation um Bundestrainer Löw und Teammanager Bierhoff wird schon in vier Wochen wieder in Paris erwartet. Dann sollen in der französischen Hauptstadt die Vorrundengruppen für die EM vom 10. Juni bis 10. Juli 2016 ausgelost werden. Eine Reaktion der Europäischen Fußball-Union (UEFA), die das Turnier ausrichtet, gab es in den ersten Stunden nach der Anschlagsserie im Finalort nicht. (DPA)