Der Jahreswechsel ist eine gute Gelegenheit, um Bilanz im Job zu ziehen. Viele fragen sich dann: Wo stehe ich, und wohin will ich? Leider ist es alle Jahre wieder dasselbe Spiel. Erst kommt die Zeit der guten Vorsätze. Und ein paar Wochen später ist alles wieder beim Alten.
Typische Fehler im Überblick:
1. Äpfel mit Birnen vergleichen: Der Kollege verdient mehr? Die Mitarbeiterin aus der Nachbarabteilung darf das neue Projekt leiten? Meistens gilt: Wer sich vergleicht, hat schon verloren, erklärt Tom Diesbrock, Neuorientierungs-Coach und Psychologe aus Hamburg.
Denn dabei gehe es selten um konkrete Dinge. So sagt man nicht etwa «Ich möchte wie der Kollege im April einen Marathon schaffen.» Das wäre eine gute Motivation. Oft stelle man vielmehr schwammige Vergleiche an, die einen nur schlecht aussehen lassen. Der Hauptmotor dafür sei Neid. Das führe nur dazu, dass man passiv bleibt und sich mies fühlt.
Andere kopieren funktioniert außerdem nicht, sagt der Karrierecoach Theo Bergauer aus Waldsassen in Bayern, der ein Buch zum Thema Souveränität geschrieben hat. «Das wirkt nicht authentisch. Da muss man sich immer fragen: Passt das zu mir?» Man könne höchstens gute Eigenschaften anderer adaptieren. «Zum Beispiel von Sportlern lernen, einmal öfter aufzustehen als hinzufallen.»
Beschäftigte sollten sich also in erster Linie auf sich selbst besinnen und schauen, in welchen Punkten es für sie vorangehen kann. Dazu ist es wichtig, zunächst die eigenen Potenziale zu analysieren, erklärt die Karriereberaterin Hanne Bergen aus Hamburg. «Ich frage mich also: Was kann ich? Und was ist mein Ding?» Dann folgt die Frage: Wie arbeite ich derzeit? So erkennen Berufstätige, in welchen Bereichen für sie noch Luft nach oben ist.
2. Statusdenken: Erfolg im Beruf heißt für viele: eine Gehaltserhöhung oder eine Beförderung. Dabei ist eigentlich jedem klar: Geld allein macht nicht glücklich. Und mehr Verantwortung bedeutet keineswegs mehr Spaß bei der Arbeit. Der Motivationseffekt einer Gehaltserhöhung hält nur etwa drei Monate an, sagt Bergen. Dagegen ist es für Mitarbeiter mit Kind unbezahlbar, mehr Zeit für die Familie zu haben - etwa durch einen Home-Office-Tag pro Woche.
3. Höher, schneller, weiter: Im Beruf muss es immer vorangehen. Oder? Nicht unbedingt. Bergen kennt ein Beispiel aus ihrer Beratungspraxis: Ein Altenpfleger wurde zum Pflegedienstleiter befördert - und ging später freiwillig wieder zurück auf seinen alten Posten. Er wollte lieber direkt mit Patienten arbeiten. So ein Gedanke ist heute keineswegs mehr so ungewöhnlich. Die Generation Y, zu der die heutigen Berufseinsteiger gehören, sei viel zögerlicher, Führungspositionen anzunehmen, erklärt Bergen.
Auf der anderen Seite finde so mancher sich nach Jahren des vermeintlichen Vorankommens in einer Sackgasse wieder, ergänzt Diesbrock. So wollen manche unbedingt eine Führungsposition, weil das in ihren Augen der nächste logische Karriereschritt ist - dabei liege ihnen die enge Zusammenarbeit mit anderen gar nicht.
4. Träume sind Schäume:Wichtig ist es, Ziele konkret und realistisch zu planen. «Ich möchte mehr Freiheit und Eigenständigkeit im Beruf» bleibt schnell ein frommer Wunsch, wenn nicht klar ist, was das genau heißt und wie sich das verwirklichen lässt, erklärt Bergauer.
«Das muss man in sehr kleine Schritte unterteilen», ergänzt Bergen. Wer etwa einen Tag pro Woche im Home-Office arbeiten möchte, sollte sich Zwischenziele setzen. Schritt eins wäre es, Argumente zu sammeln: Machen andere das auch? Nächste Station ist ein Gespräch mit dem Chef. Und eventuell wäre ein Etappenziel, zunächst einen halben Tag zu Hause zu arbeiten. Es bringt außerdem nichts, nur auf dem herumzureiten, was einen nervt im Job. Wichtig ist auch, zu formulieren, was man stattdessen möchte.
Service: Karriereziele umsetzen mit der «Smart»-Formel
Bei der Zielsetzung ist die «Smart»-Formel eine gute Faustregel, erklärt Bergauer. Demnach müssen Ziele spezifisch («s»), messbar («m»), akzeptiert («a»), realistisch («r») und terminiert («t») sein. Außerdem kann es helfen, auch mal über die sprichwörtlichen ungelegten Eier zu reden, empfiehlt Bergen. Berufstätige verkünden also am besten vor Kollegen oder Freunden, was sie sich vornehmen. «Das schafft Verbindlichkeit.» So geraten Vorsätze nicht so leicht in Vergessenheit. «Dann fragen die anderen nämlich nach: «Na, wie weit bist Du mit Deinem Business-Englisch»?»