Geschäftsmäßige Sterbehilfe in Deutschland künftig verboten

Eine Krankenpflegerin reicht einem Patienten in der Onkologie im Klinikum in Nürnberg ein Glas Wasser. Foto: Daniel Karmann/Illustration
Eine Krankenpflegerin reicht einem Patienten in der Onkologie im Klinikum in Nürnberg ein Glas Wasser. Foto: Daniel Karmann/Illustration

Geschäftsmäßige Sterbehilfe wird in Deutschland verboten. Nach einer eindringlichen Debatte setzte sich im Bundestag ein entsprechender Gesetzentwurf gegen heftige Kritik durch. Vereine oder Einzelpersonen dürfen demnach künftig keine Beihilfe zum Suizid als Dienstleistung anbieten. Der Abstimmung ohne Fraktionszwang war eine einjährige Meinungsbildung über die heikle Gewissensfrage in Parlament und Öffentlichkeit vorausgegangen.

Mit einem neuen Straftatbestand drohen künftig bis zu drei Jahre Haft, wenn etwa einem unheilbar Krebskranken geschäftsmäßig ein tödliches Medikament gewährt wird. Kritiker hatten vor einer Kriminalisierung von Ärzten und einer Einschränkung des Selbstbestimmungsrechts der Betroffenen gewarnt.


Dennoch gewann der Verbotsantrag einer Gruppe von Abgeordneten um Michael Brand (CDU) und Kerstin Griese (SPD) deutlich die Mehrheit. Sie hatten vor einer Tendenz zu mehr Angeboten zur Sterbehilfe in Deutschland gewarnt.


In der Schlussabstimmung erhielt der Antrag 360 von 602 abgegebenen Stimmen. Dagegen stimmten 233 Parlamentarier. Neun Abgeordnete enthielten sich. Bereits in einer Vorabstimmung waren drei alternative Gesetzentwürfe für eine Neuregelung gescheitert.


Unüberwindbare Gräben wurden deutlich. Brand und Griese warnten davor, dass Menschen zu einem Suizid gedrängt werden könnten. «Es geht auch um den Schutz von Menschen vor gefährlichem Druck», sagte Brand. Griese meinte, niemand solle unter Druck geraten, vorzeitig aus dem Leben zu scheiden, selbst wenn noch gute Tage möglich seien. Den Vorwurf, dass etwa Palliativmediziner künftig vom Strafrecht bedroht würden, wies Brand zurück: «Unser Gesetzentwurf beinhaltet keine Kriminalisierung von Ärzten.»


Bundestagsvizepräsident Peter Hintze (CDU), der mit anderen für die Möglichkeit des ärztlich begleiteten Suizids eintrat, warnte vor der Verschärfung des Strafrechts. Patienten in größter existenzieller Not würden künftig alleine gelassen. Im Fall eines Verbots geschäftsmäßiger Sterbehilfe drohten Ärzte mit Ermittlungsverfahren überzogen zu werden. «Wir wollen, dass am Sterbebett nicht Staatsanwälte stehen, sondern Angehörige und Ärzte.»


Immer wieder ging es um die Frage, ob der Staat überhaupt stärker eingreifen sollte. «Der Staat soll sich da raushalten», forderte die Grünen-Abgeordnete Renate Künast. Sie trat mit anderen Parlamentariern für ein Verbot lediglich von Beihilfe zur Selbsttötung aus Profitgründen ein. Die überwältigende Mehrheit der Bevölkerung sei dafür, dass die Menschen selbst in der Frage entscheiden könnten.


Petra Sitte von den Linken betonte, der Rechtsstaat funktioniere bereits heute. Als Beleg führte sie die Anklage gegen den früheren Hamburger Justizsenator Roger Kusch als Vorsitzenden des Vereins «Sterbehilfe Deutschland» an.


Gesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU), der Brand und Griese unterstützte, betonte: «Es ist richtig, dass unsere Rechtsordnung zum Drama der Selbsttötung schweigt.» Aber Suizidassistenz sei keine Handlungsvariante. Der CDU-Abgeordnete Patrick Sensburg, der mit anderen sogar Anstiftung zu und Beihilfe an einer Selbsttötung verbieten wollte, sagte: «Nicht durch die Hand eines andere sollen Menschen sterben, sondern an der Hand eines anderen.»


Mehrere Abgeordnete plädierten letztlich erfolglos dafür, auf eine Neuregelung ganz zu verzichten. Die Grünen-Abgeordnete Katja Keul sagte: «Die angebliche Rutschbahn zur aktiven Sterbehilfe (...) ist weit und breit nicht zu sehen.» Die ehemalige Justizministerin Brigitte Zypries (SPD) warnte davor, mehr Probleme zu schaffen als zu lösen. SPD-Fraktionsvize Karl Lauterbach sagte: «Besser kein Gesetz, als ein schlechtes Gesetz.» Arbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) hielt dem entgegen, es sei keine Lösung, keinem Entwurf zuzustimmen. (DPA)