Bei General Motors hapert es mit dem Luxus ein bisschen - zumindest in Europa. So ausgefallen die Modelle der noblen Tochter Cadillac auch sind, machen sie bei den Firmenkunden gegen Audi, BMW und Mercedes keinen Stich. Deshalb bringen die Amerikaner ihre Pkw-Baureihen ATS und CTS als sportliche V-Modelle an den Start.
Mit einer Doppelspitze in die Offensive
An der Spitze dieser Offensive im Frühjahr fährt der CTS-V. Er kommt auf 477 kW/649 PS, erreicht 320 km/h und kostet 98 500 Euro.
Während der Gegner von BMW M5 oder Mercedes E 63 AMG bereits in die dritte Generation geht, startet Cadillac eine Klasse tiefer mit dem ATS-V jetzt ganz neu durch. Lieferbar als mindestens 69 900 Euro teure Limousine oder für 2600 Euro mehr auch Coupé, nimmt er potente Platzhirsche wie BMW M3 und M4, Mercedes C 63 AMG und das gerade abgelöste Audi-Doppel RS4/RS5 ins Visier.
Für dieses Ringen um die PS-Krone haben die Bodybuilder in Detroit kräftig zugelangt: Als wäre der ATS mit seiner kantigen Karosse und den sichelförmigen Scheinwerfern nicht schon auffällig genug, trägt er jetzt auch noch einen Kampfanzug mit reichlich Karbon-Ornat. Er macht dicke Backen und stielt mit den mächtigen Lufteinlässen auf der Haube jedem Sportwagen die Schau. Natürlich dient das auch dem Show-Effekt. Denn irgendwie muss man sich das Überholprestige auf der linken Spur verdienen. Doch folgt die Form auch einer wichtigen Funktion, argumentieren die Ingenieure mit Blick auf riesigen Motorblock: Schließlich braucht der 3,6 Liter große V6 neben jeder Menge Sprit (Normverbrauch: 11,4 Liter, CO2-Ausstoß: 260 g/km) vor allem viel Luft, wenn er seine Leistung bringen soll. Davon hat er reichlich: Maximal 346 kW/470 PS und bis zu 603 Newtonmeter pressen die Turbos aus den Zylindern.
In 3,9 Sekunden vom Schauläufer zum Spitzensportler
Entsprechend ambitioniert geht der ATS-V zu Werke: Bei gemächlicher Gangart gibt er den gefährlich unscheinbaren Schauläufer, der als Blickfang über den Boulevard bummelt. Doch es genügt ein Tritt aufs Gaspedal, dann zeigt der Cadillac seinen wahren Charakter. Er knurrt böse und brüllt wütend, ganz kurz scharren die Gummis am Asphalt und dann löst sich die Spannung mit einem Spurt, bei dem es einen tief in die Sitze presst: Von 0 auf 100 km/h in 3,9 Sekunden und bei Vollgas weiter, bis die Nadel bei 304 km/h stehen bleibt - da sehen die meisten Konkurrenten vom ATS nur noch die Rückleuchten funkeln.
Anders als im großen Bruder CTS-V macht das mit dem recht handlichen Coupé nicht allein auf der linken Spur Spaß: Deutlich kürzer und leichter als der potente Luxusliner, fein austariert, hart abgestimmt und mit einer scharfen Lenkung gesegnet, macht der ATS auch die Landstraße zur Lustmeile und gibt so selbst den strammen Schalensitzen einen Sinn - erst recht, wenn man damit im liberalen Europa und nicht im streng tempolimitierten Amerika unterwegs ist.
Zwischen Sportwagen und Spielekonsole
Viel Hubraum, ein Punch wie ein Preisboxer, eine gute Balance und natürlich Heckantrieb - im Grunde ist der ATS-V ein Sportwagen nach alter Väter Sitte. Doch so analog man damit durch den Alltag jagen kann, so digital lässt sich das Auto zum Beispiel auf einer Rennstrecke bewegen: Wer alle unterschiedlichen Fahrmodi durchschaltet und damit jeweils das Set-Up von Motor, Getriebe, Lenkung und Fahrwerk ändert, der spürt zwar, wie der ATS alle Muskeln anspannt und vom Dauerläufer zum Dampfhammer wird.
Aber der fühlt sich auch eher an eine Spielekonsole erinnert, als an einen Sportwagen. Erst recht, wenn man dann noch den Performance Data Recorder einschaltet, seine Runden filmt und später bis zu 150 Telemetriedaten vergleicht wie ein Profi-Rennfahrer oder der König der PlayStation. Aber wahrscheinlich braucht es solche Spielereien, wenn man die Generation Smartphone auf die linke Spur locken will.
Fazit: Ein Exot auf Augenhöhe
Es mag sein, dass es dem ATS innen ein bisschen an Finesse fehlt. Aber dafür ist er ja auch ein paar Tausender billiger als Audi und Co. Und bei der Raumausnutzung könnten die Amerikaner auch noch was lernen, so wie es auf der Rückbank zwickt und bei den Koffern klemmt. Aber hey, das ist kein Coupé für alte Herren und Abteilungsleiter, sondern ein verkappter Sportwagen, den man in anderen Kategorien bewertet. Und wenn es um Kernkompetenzen wie Lust und Leistung geht, dann fährt der ATS-V allemal auf Augenhöhe mit AMG und Co.
Datenblatt: Cadillac ATS-V Coupé
Motor und Antrieb: | V6-BiTurbo-Benziner |
Hubraum: | 3564 ccm |
Max. Leistung: | 346 kW/470 PS bei 5850 U/min |
Max. Drehmoment: | 603 Nm bei 3500 U/min |
Antrieb: | Heckantrieb |
Getriebe: | 8-Gang-Automatik |
Maße und Gewichte | |
Länge: | 4,69 m |
Breite: | 1,86 m |
Höhe: | 1,39 m |
Radstand: | 2,77 m |
Leergewicht: | 1768 kg |
Zuladung: | 352 kg |
Kofferraumvolumen: | 295 Liter |
Fahrdaten | |
Höchstgeschwindigkeit: | 304 km/h |
Beschleunigung 0-100 km/h: | 3,9 s |
Durchschnittsverbrauch: | 11,4 Liter/100 km |
Reichweite: | 550 km |
CO2-Emission: | 260 g/km |
Kraftstoff: | Super |
Schadstoffklasse: | EU6 |
Energieeffizienzklasse: | G |
Kosten | |
Basispreis des Cadillac ATS Coupé: | 39 600 Euro |
Grundpreis des Cadillac ATS-V Coupé: | 72 500 Euro |
Typklassen: | k.A. |
Kfz-Steuer: | 402 Euro/Jahr |
Wichtige Serienausstattung | |
Sicherheit: | Acht Airbags, Abstandswarner, Spurhalte-Assistent |
Komfort: | Klimaautomatik, Lederausstattung, Multimedia-System |
Alle Daten laut Hersteller, GDV, Schwacke
(DPA-INFOCOM)