
Stuttgart (dpa/lsw) - Der trockene Sommer macht Baden-Württembergs Bauern schwer zu schaffen. «Die Situation ist angespannt, die Stimmung ist schlecht», sagte der Präsident des Landesbauernverbands in Baden-Württemberg, Joachim Rukwied, am Dienstag in Stuttgart. Nicht nur die extremen Witterungsbedingungen und die daraus folgenden geringeren Erntemengen seien Anlass zur Sorge, sondern auch gesunkene Preise bei Agrarerzeugnissen wie Milch, Schweinefleisch und Obst.
Gründe hierfür seien die insgesamt schwächelnde Nachfrage sowie Russlands Embargo auf EU-Agrarimporte. Rukwied rief die Politik zum Eingreifen auf, so müssten EU-Mittel zur Öffnung neuer
Absatzmärkte für europäische Agrarprodukte etwa in Asien genutzt werden. Mit etwa 50 000 Bauernhöfen und anderen Betrieben ist Baden-Württemberg ein relativ starkes Agrarland in Deutschland, die
Ackerfläche liegt bei 834 200 Hektar (8342 Quadratkilometer). Auf gut einem Viertel davon wird Weizen angebaut.
Rukwied - zugleich auch Chef des Deutschen Bauernverbandes - stellte die Lage als düster dar. «Vom Grund her bin ich ein optimistischer Mensch [...], aber wenn an allen Aktionsplattformen die Pfeile nach unten gerichtet sind, dann ist es schon schwierig.» So bringe ein Schwein derzeit pro Kilo 1,36 Euro, noch vor zwei Jahren seien es 1,90 Euro gewesen. Solch ein Preis sei viel zu niedrig. «Für jedes Mastschwein legt der Landwirt im Moment drauf.» Bei der Milch sei es bei einem Literpreis von unter 30 Cent ähnlich. «Auch das reicht nicht, um kostendeckend zu arbeiten», sagte Rukwied.
Vor dem Hintergrund der nun weitgehend beendeten Ernte von Getreide und Raps legten Rukwied sowie das Statistische Landesamt Zahlen zum Ertrag vor. Die Getreide-Erntemenge demzufolge sank laut Statistikamt in Baden-Württemberg um gut acht Prozent auf 3,7 Millionen Tonnen. Allerdings ist dieser Vergleich insofern schwierig, da es 2014 ein Rekordergebnis gegeben hatte. Verglichen mit dem sogenannten langjährigen Mittel - also den vergangenen fünf Jahren - liegt die Erntemenge hingegen in etwa im Schnitt.
Die Situation ist nach Darstellung von Rukwied insofern knifflig, weil die in diesem Jahr gesunkenen Erntemengen keineswegs zu höheren Preisen für die Bauern führt. Vielmehr sind die Speicher nach der Rekordernte 2014 noch gut gefüllt - das Angebot also wird nicht knapper.
Als kritisch bewertete Rukwied zudem die Situation in Sachen Futtermittel. Weil viel Grünland verdorrt ist oder nach dem ersten Schnitt kaum nachgewachsen ist, konnten die Bauern viel zu wenig Heu und andere Futtermittel sammeln. Daher muss relativ teuer zugekauft werden. Die Situation ist nach den Worten von Rukwied aber nicht so schlimm, dass die Bauern ihr Vieh schlachten, weil sie sich das Futter für den Winter nicht leisten können.
Agrarminister Alexander Bonde (Grüne) sprach von «erheblichen Ernteausfällen», wodurch Futtermittel knapp werde. «Es wird zum Teil jetzt schon der Wintervorrat verfüttert», sagt Bonde. «Der Futtermittelmarkt ist europaweit unter Druck.» Die aktuellen Ernteeinbußen sind aus Sicht des Grünenpolitikers Beleg für die gravierenden Folgen des Klimawandels. Gehe die Zunahme von Wetterextremen so weiter, würde dies die Landwirtschaft massiv betreffen. Umso dringlicher sei eine umfassende und konsequente Klimaschutz-Politik, mahnte Bonde. (DPA/LSW)