
Im Streit um die Kennzeichnung von Polizisten bei Großeinsätzen in Baden-Württemberg scheint ein Ende des parteipolitischen Gezerres nicht in Sicht. Das Landespolizeipräsidium arbeitete ein Konzept zur Umsetzung, die Ablehnung des Vorhabens ist im Landtag aber nach wie vor groß. Die Grünen fordern, dass Polizisten bei Großeinsätzen eine anonymisierte Kennzeichnung tragen, damit schwarze Schafe unter ihnen nach Zwischenfällen bei Einsätzen ermittelt werden können.
Die SPD hat es damit jedoch nicht eilig.
Die CDU-Landtagsfraktion forderte Innenminister Reinhold Gall (SPD) am Sonntag auf, sich gegen die Grünen durchzusetzen und das Projekt zu stoppen. Auch die FDP spricht sich gegen eine Kennzeichnung aus, ebenso ist der Plan bei Polizeigewerkschaften umstritten. Dagegen haben zahlreiche Bundesländer die Kennzeichnung bereits eingeführt.
Das Landespolizeipräsidium habe nun ein Konzept erarbeitet, berichtete die «Stuttgarter Zeitung» (Samstag). Vorgesehen sei eine fünfstellige Ziffernfolge, der die Länderkennung BW vorangestellt sei. Beamte in bestimmten Einheiten sollen drei verschiedene Zahlenkombinationen bekommen und selber über diese verfügen können.
SPD-Fraktionschef Claus Schmiedel sagte der Deutschen Presse-Agentur, die steigenden Flüchtlingszahlen hätten die politische Agenda bestimmt - daher sei das Thema Kennzeichnungspflicht erst einmal vertagt worden. Für die Grünen ist insbesondere der eskalierte Polizeieinsatz bei der Räumung des Schlossgartens wegen des Bahnprojekts Stuttgart 21 im September 2010 ein Grund für das Vorhaben.
Schmiedel erinnerte daran, dass die Kennzeichnung bei den Polizeigewerkschaften höchst umstritten ist: «Damit muss man umgehen. Da kann man nicht einfach die Augen verschließen.»
Grünen-Fraktionschefin Edith Sitzmann verteidigte das Vorhaben. «Überall, wo die Kennzeichnungspflicht eingeführt wurde, wie in Rheinland-Pfalz und Hessen, haben sich die Wogen schnell geglättet.» Ein Erkennungszeichen stärke die Vertrauensbasis zu den Bürgern. Kein Beamter müsse fürchten, für Außenstehende persönlich identifizierbar zu sein. Lediglich bei angezeigten Verstößen wären Polizeibeamte für die internen Ermittler identifizierbar.
Der CDU-Innenexperte Thomas Blenke dagegen kritisierte: «Die Grünen entlarven sich mit ihrem tief sitzenden Misstrauen gegen die Polizei.» Die CDU-Fraktion erwarte von Minister Gall, dass er endlich klare Kante zeige und sich gegen die Grünen durchsetze. Auch FDP-Fraktionsvorsitzender Hans-Ulrich Rülke sieht das so: «Grün-Rot wäre gut beraten, von diesem Thema Abstand zu nehmen. Die Polizei des Landes Baden-Württemberg braucht für ihre schwere Aufgabe die Unterstützung der Landespolitik und nicht - nach der unsäglichen Polizeireform - eine weitere schwere Hypothek.» (DPA/LSW)