Antragsflut: Landesbeamte in Migrationsbehörde?

Dem Bamf liegen derzeit 250 000 unbearbeitete Asylanträge vor, so Schmidt. Foto: Stefan Puchner
Dem Bamf liegen derzeit 250 000 unbearbeitete Asylanträge vor, so Schmidt. Foto: Stefan Puchner

Wegen der Flut von Asylanträgen prüft die Landesregierung, ob Beamte aus dem Südwesten dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) helfen können. Auch werde analysiert, ob pensionierte Staatsdiener die Landeserstaufnahmestellen für Flüchtlinge unterstützen können, teilte eine Sprecherin des Staatsministeriums am Dienstag mit. Nordrhein-Westfalen gehe diesen Weg. Der Lenkungskreis der Regierung zu Flüchtlings-fragen wollte sich demnach mit dem Thema noch am Abend beschäftigen. 

Welche Beamte als Verstärkung infrage kommen und in welchem Umfang, war zunächst unklar.


Das Bamf stockt zwar derzeit kräftig Personal auf und nimmt neue Entscheidungszentren in Betrieb. Trotzdem wird die Behörde den Stau unbearbeiteter Asylanträge auch auf absehbare Zeit nicht bewältigen können. Am Montagabend hatte Bamf-Chef Manfred Schmidt in einer Erstaufnahmeeinrichtung in Ellwangen (Ostalbkreis) von rund 250 000 nicht bearbeiteten Asylverfahren gesprochen. «Das hört sich gewaltig an, und das ist auch gewaltig», sagte Schmidt.


Die Landesregierung schaltet sich nun ein und prüft, wie die Migrationsbehörde personell unterstützt werden kann. «Wir fänden alles gut, was die Verfahren beschleunigen würde», sagte ein Sprecher des Integrationsministeriums.


Der integrationspolitische Sprecher der CDU-Landtagsfraktion, Bernhard Lasotta, hatte eine «gemeinsame nationale Kraftanstrengung» gefordert. Hunderte Beamte des Bundes - beispielsweise des Zolls - und Beamte der Länder aus allen Ebenen der Verwaltung sollen seiner Vorstellung nach befristet zu der Bundesbehörde abgeordnet werden, um den Berg an Anträgen abzubauen. «Gegebenenfalls könnte man auch pensionierte Beamte reaktivieren, die sich für eine begrenzte Zeit nochmals in den Dienst des Staates stellen», schlug Lasotta vor.


Das Bamf wird derzeit zur Bearbeitung der Anträge personell aufgestockt. Er habe allein in den vergangenen zwölf Monaten 650 Mitarbeiter eingestellt, sagte Schmidt. Mit vier neuen Entscheidungszentren will das Bundesamt die Verfahren beschleunigen. Ein Standort soll im dritten Quartal Mannheim oder Freiburg werden. In Nürnberg habe das erste solche Zentrum bereits seine Arbeit aufgenommen, sagte Schmidt am Dienstag. «In den Entscheidungszentren finden keine Anhörungen und kein Publikumsverkehr statt, sondern wir werden tatsächlich nur über die anhängigen Verfahren entscheiden.»


«Die Entscheidungszentren werden mit jeweils 50 Entscheidern ausgestattet», sagte der Behördenchef. Entschieden werden sollen dort vor allem Verfahren von Asylbewerbern aus dem Irak, aus Syrien und Eritrea. Bei diesen Ländern liege die Schutzquote bei knapp 100 Prozent.


Von den unbearbeiteten Bamf-Verfahren sind laut Schmidt rund 100 000 Anträge von Flüchtlingen zum Beispiel aus Syrien, über die eigentlich schnell entschieden werden könne - würden nicht täglich mehr dazu kommen. Allein im Juli sind so viele Flüchtlinge nach Deutschland gekommen wie noch nie in einem Monat.


Nicht alle Hilfesuchende sind Wirtschaftsflüchtlinge. Baden-Württemberg hat über ein eigenes Sonderkontingent bislang 248 traumatisierte Frauen und Kinder aus dem Nordirak und Syrien aufgenommen. Weitere 70 seien identifiziert und sollen im September in den Südwesten kommen, sagte der Chef der Staatskanzlei, Klaus-Peter Murawski (Grüne), der Deutschen Presse-Agentur. Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) hatte das Projekt nach dem Flüchtlingsgipfel des Landes im vergangenen Oktober angekündigt. Es richtet sich vor allem an sexuell missbrauchte Opfer der Terrormiliz Islamischer Staat (IS). Bis Jahresende sollen insgesamt 650 bis 1000 IS-Opfer aufgenommen werden. (DPA/LSW)