Ende eines Experimentes: Die Bewährungshilfe in Baden-Württemberg soll künftig wieder in staatlicher Hand geführt werden. Das Kabinett beschloss am Dienstag in Stuttgart, die bundesweit einmalige private Trägerschaft Ende 2016 zu beenden. Das teilte Justizminister Rainer Stickelberger (SPD) in Stuttgart mit. Die schwarz-gelbe Vorgängerregierung hatte die Bewährungshilfe 2007 privatisiert und dem Verein «Neustart» übertragen. Damit arbeiten allerdings beamtete Bewährungshelfer für ein privates Unternehmen. Das Bundesverwaltungsgericht entschied im vergangenen Herbst, dass ein privater Träger einem beamteten Bewährungshelfer keine Weisungen erteilen kann. Deshalb will Grün-Rot die Bewährungshilfe wieder verstaatlichen, ohne allerdings Abstriche bei der Qualität zu machen. Das Land will entweder die bestehende Neustart GmbH kaufen, eine eigene GmbH oder eine Anstalt öffentlichen Rechts gründen.
Derzeit kommen auf einen Bewährungshelfer 70 zu betreuende Menschen. Dieser Schlüssel soll laut Stickelberger erhalten bleiben. Die Bewährungshilfe hat die Aufgabe, Straftäter wieder in die
Gesellschaft einzugliedern. Bei der Privatisierung ging es der Vorgängerregierung auch um Kostenersparnisse. Solche Hoffnungen haben sich laut Stickelberger aber nicht erfüllt: «Die
Bewährungshilfe hat so viel gekostet wie vorher auch.» Neustart gibt die jährlichen Gesamtkosten mit rund 25 Millionen Euro an. Sie werden bereits heute vom Land getragen. In dem Betrag sind
allerdings auch Leistungen für die Gerichtshilfe und den Täter-Opfer-Ausgleich enthalten.
Der Verein Neustart bedauerte die Entscheidung, den befristeten Vertrag Ende 2016 auslaufen zu lassen. «Wir hätten uns eine andere Variante gewünscht», sagte ein Sprecher. Nach dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts sei die politische Entscheidung aber absehbar gewesen. Nach seinen Angaben hat die Neustart GmbH 462 hauptamtliche Mitarbeiter, darunter sind 181 Landesbeamte und 33 Landesangestellte. Hinzu kommen 650 ehrenamtliche Bewährungshelfer. Betreut werden derzeit rund 20 000 Menschen, die nach ihrer Straffälligkeit wieder in ein normales Leben gebracht werden sollen. (DPA/LSW)