
Baden - Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) sieht harte Verhandlungen über die Verteilung der Flüchtlingskosten auf Bund und Länder zukommen. Er begrüßte am Donnerstag nach einem Treffen der Ministerpräsidenten mit Kanzlerin Angela Merkel (CDU) zwar die Zusage des Bundes, sich ab 2016 dauerhaft an der Finanzierung zu beteiligen. «Über die Höhe dieser Beteiligung werden wir allerdings noch hart verhandeln müssen.»
Es könne nicht sein, dass Länder und Kommunen weiterhin 90 Prozent der Kosten tragen müssten. Es sei unumgänglich, dass der Bund sich hier deutlich stärker finanziell beteilige, so Kretschmann.
Die Ministerpräsidenten und Merkel hatten sich in Berlin auf einen «Aktionsplan» geeinigt. Er sieht vor, Asylverfahren zu beschleunigen, Flüchtlinge aus bestimmten Ländern konsequenter abzuschieben und Bleibeberechtigte besser zu integrieren. Zuvor hatte der Bund schon zugesagt, in diesem Jahr seine Soforthilfe auf eine Milliarde Euro zu verdoppeln und sich ab 2016 dauerhaft an den Kosten zu beteiligen. Details zur Finanzierung sollen bis zum Herbst stehen.
Nach Kretschmanns Worten wird der Bund zusammen mit den Ländern die gesetzlichen Voraussetzungen dafür schaffen, dass die Länder eine Gesundheitskarte für Flüchtlinge einführen können. Bislang müssen Flüchtlinge erst zum Sozialamt, wenn sie akut erkrankt sind, um einen Behandlungsschein für einem Arztbesuch zu bekommen. Künftig sollen sie mit der Karte direkt zum Arzt gehen können. «Dafür haben wir lange gekämpft», sagte Kretschmann.
Wichtig sei auch, dass junge Asylsuchende und Geduldete mit einer Bleiberechtsperspektive eine Duldung für die Dauer ihrer Ausbildung erhalten sollen, sagte der Regierungschef. Perspektivisch fordere Baden-Württemberg aber einen weiterführenden Aufenthaltstitel für die Ausbildung und die ersten zwei Jahre zur Arbeitsaufnahme.
Unmittelbar vor dem Flüchtlingsgipfel forderte Integrationsministerin Bilkay Öney (SPD), das Asylsystem grundsätzlich auf den Prüfstand zu stellen. «Dazu gehören sowohl Verfahren als auch Zuständigkeiten», sagte sie der Deutschen Presse-Agentur in Stuttgart. So könnte der Bund, der die Asylverfahren durchführt, auch die Kosten für die Erstaufnahme übernehmen oder sie in Eigenregie durchführen. «Damit wären Synergieeffekte verbunden und die Wahrscheinlichkeit schnellerer Verfahren könnte sich dadurch erhöhen», sagte Öney.
Deutschlandweit wird in diesem Jahr mit mehr als 400 000 neu ankommenden Asylsuchenden gerechnet. Für Baden-Württemberg liegt die Prognose bei rund 52 000 - das wären doppelt so viele wie 2014. (DPA/LSW)