Schlichtung soll Bahn-Tarifstreit nach einem Jahr beilegen

Aufsteller mit den Logos der Deutsche Bahn AG und der Gewerkschaft der Lokführer (GDL) stehen vor Beginn einer Pressekonferenz nebeneinander. Foto: Soeren Stache/Illustration
Aufsteller mit den Logos der Deutsche Bahn AG und der Gewerkschaft der Lokführer (GDL) stehen vor Beginn einer Pressekonferenz nebeneinander. Foto: Soeren Stache/Illustration

Nach drei Wochen vertraulicher Verhandlungen ist es der Tag der Wahrheit: Heute geht das Schlichtungsverfahren im Tarifkonflikt zwischen Deutscher Bahn und Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) zu Ende. So war es zumindest zu Beginn am 27. Mai vorgesehen. Fast ein Jahr dauert die Tarifauseinander-setzung schon. Was könnte am Ende des Schlichtungsverfahrens stehen? Im besten Fall haben sich Bahn und GDL unter Mithilfe der beiden Schlichter darauf verständigt, an den Verhandlungstisch zurückzukehren. Dann droht erstmal kein neuer Streik. 

Möglich ist auch ein Schlichterspruch, über den beide Seiten noch einmal beraten. In diesem Fall sähe es eher nicht nach Einigung aus. Wahrscheinlicher scheint da eher die dritte Variante: Sollte bis Mittwoch noch keine Verständigung gelungen sein, werden die Verhandlungen um eine Woche verlängert. Die Schlichtungsvereinbarung sieht diese Möglichkeit vor.


Was passiert, wenn eine Einigung misslingt?

Dann stehen die Zeichen spätestens nach Ende der vierten Schlichtungswoche, am 24. Juni, wohl wieder auf Streik.


Wer schlichtet?

Insgesamt sitzen acht Personen am Verhandlungstisch. Die Bahn hat den früheren brandenburgischen Ministerpräsidenten Matthias Platzeck (SPD) als Schlichter benannt, die GDL den Thüringer Regierungschef Bodo Ramelow (Linke). Auf Seiten der Bahn und der GDL sitzen jeweils drei Vertreter in der Schlichtungskommission.


Was ist Gegenstand der Schlichtung?

Als Kernproblem des seit einem Jahr andauernden Tarifkonflikts gilt die Forderung der GDL, für jede der bei ihr organisierten Berufsgruppen einen eigenständigen Tarifvertrag abschließen zu dürfen. Die Bahn hat der GDL das zwar zugestanden, peilt aber Regelungen an, die widerspruchsfrei zu anderen Tarifverträgen sind, die mit der größeren Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) abgeschlossen wurden. Die Bahn strebt für ein und dieselbe Tätigkeit die gleiche Bezahlung und die gleiche Arbeitszeiten an.


Welche Berufsgruppen sind das?

Außer den Lokführern, für die die GDL schon bisher die Tarifverträge aushandelte, gehören dazu Zugbegleiter, Bordgastronomen, Lokrangierführer und Disponenten/Planer. Insgesamt geht es um rund 37 000 Beschäftigte, die die GDL zum Zugpersonal zählt. Mit Ausnahme der Lokführer hat die EVG bei all diesen Berufsgruppen die Mehrheit unter den Mitgliedern.


Was fordert die GDL noch?

Die GDL verlangt für ihre Mitglieder fünf Prozent mehr Geld bei zwölf Monaten Vertragslaufzeit sowie eine Verkürzung der Wochenarbeitszeit um eine Stunde. Außerdem sollen die Überstunden begrenzt werden.


Was hat die EVG ausgehandelt?

Kurz vor Beginn der Schlichtung hatte die Bahn mit der EVG einen Tarifabschluss für rund 100 000 Bahn-Beschäftigte erzielt. Sie erhalten eine Einkommenserhöhung um 3,5 Prozent zum 1. Juli, mindestens jedoch 80 Euro mehr. Am 1. Mai 2016 steigen die Löhne laut EVG-Tarifvertrag noch einmal um 1,6 Prozent, mindestens um 40 Euro.


Welche Rolle spielt das Tarifeinheitsgesetz?

Wenn der Bundesrat zustimmt, wird es im Juli in Kraft treten. Dann soll das Prinzip «Ein Betrieb - ein Tarifvertrag» wieder gelten, das das Bundesarbeitsgericht 2010 gekippt hatte. Ziel ist es, so den Betriebsfrieden zu sichern. Tarifverträge von Minderheitsgewerkschaften sollen nicht mehr gelten, es sei denn, sie beschränken sich auf klar abgegrenzte Beschäftigtengruppen.


Insofern könnte die GDL ihr Verhandlungsmandat für die Lokführer behalten, bei den anderen Berufsgruppen stünden die Chancen eher schlecht. Allerdings ist nicht sicher, ob das Gesetz lange Bestand haben wird. Denn mehrere kleine Gewerkschaften haben bereits Klagen vor dem Bundesverfassungsgericht angekündigt. (DPA)